Wir berichteten gestern erneut über die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV), deren erste Version am 25. Oktober 2001 durch die Regierung verfügt wurde. Die seitdem mehrfach verschärfte TKÜV, die in 2002 für die „strategische Überwachung der Telekommunikation“ durch den Bundesnachrichtendienst erweitert worden war, gilt auch für die Betreiber der Netzknoten. Neben allen großen Telekommunikations-Konsortien wie Internetprovidern und Telefongesellschaften müssen auch die Betreiber von „Netzknoten..die der Zusammenschaltung mit dem Internet dienen“ (§ 3 TKÜV) technische Einrichtungen zum Kopieren der transportierten Telekommunikation durch die „berechtigten Stellen“ installieren, namentlich den Bundesnachrichtendienst, dem eine „vollständige Kopie der Telekommunikation“ (§ 27 Abs. 2 TKÜV) zu übergeben ist. Zu diesem Zweck haben neben allen anderen Telekommunikations-Konsortien haben auch die Betreiber von Netzknoten / Internetknoten
“die Aufstellung und den Betrieb von Geräten des Bundesnachrichtendienstes zu dulden, die nur von hierzu besonders ermächtigten Bediensteten des Bundesnachrichtendienstes eingestellt und gewartet werden dürfen”
Wie wir nun gestern berichteten, fragte die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 17/9305) am 13. April 2012 die Bundesregierung (Frage 16a):
“Inwieweit greifen Bundesbehörden zur Überwachung von Telekommunikation auf den Verkehr über den Frankfurter Netzknoten DE-CIX zu?”
Frage 16b lautete übrigens wie folgt:
„b) Inwieweit arbeiten Bundesbehörden zur „strategischen Fernmeldeaufklärung“ auch mit den kommerziellen Telekommunikationsprovidern zusammen?„
Antwort der Bundesregierung vom 11. Mai 2012, stellvertretend Ronald Pofalla als Kanzleramtsminister, zu den Fragen unter Punkt 16 (Quelle: MdB Andrej Hunko, gespiegelt):
“Einzelheiten zu den technischen Fähigkeiten des BND können in diesem Zusammenhang nicht öffentlich dargestellt werden. Es wird wiederum auf Fähigkeiten, Methoden und Verfahren der strategischen Fernmeldeaufklärung eingegangen. Gleichzeitig werden operative Details beschrieben, deren Offenlegung negative Folgen für den BND haben könnte. Im Ergebnis würde dadurch die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörde und mithin die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Gleichwohl wird die Bundesregierung nach gründlicher Abwägung dem Informationsrecht des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen nachkommen.
Die Informationen werden als „Geheim“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag zur Einsichtnahme übermittelt.”
Der „Spiegel“ dazu am 24. Mai 2012:
„die interessanten Punkte bleiben unter Verschluss, sind als „geheim“ oder „vertraulich“ eingestuft und liegen in der Geheimschutzstelle des Bundestags, wo sie nur von Abgeordneten gelesen werden dürfen. Denn sonst seien Rückschlüsse auf „Fähigkeiten und Methoden“ möglich, heißt es.
Doch schon das, was die Regierung öffentlich beantwortet, beunruhigt die beiden Parlamentarier. „Viel größer als bislang angenommen“ sei die elektronische Überwachung, sagen sie. Denn aus der Antwort geht hervor: Die Provider überspielen dem Geheimdienst erst einmal alles – und der entscheidet dann, welche Datenpakete er sich genauer ansieht.“
Wie bereits beschrieben, ging dies nicht (nur) aus der Antwort der Bundesregierung hervor, sondern aus der geltenden TKÜV.
Auszug aus dem Protokoll von Netzpolitik.org aus dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss vom 15. Januar 2015. Dialog zwischen Patrick Sensburg (C.D.U.) und dem Telekom-Techniker Helfrich, mit Rechtsbeistand Gina Greeve:
Sensburg: § 27 Abs. 2 TKÜV: „Der Verpflichtete hat dem Bundesnachrichtendienst an einem Übergabepunkt im Inland eine vollständige Kopie der Telekommunikation bereitzustellen, die über die in der Anordnung bezeichneten Übertragungswege übertragen wird.“ Wie gestaltet sich die Datenherausgabe an eine Stelle wie den BND? Dopplung des Datenstroms, wie funktioniert das technisch?
[Greeve guckt zur Bundesregierung.
Helfrich: Genau eine Leitung identifizieren, Verkehr mit technischer Einrichtung „T-Glied“ abgezweigt und darauf Zugriff gegeben.
Sensburg: Welche Kenntnis haben sie?
Helfrich: Als Netzbetreiber rein inhaltlich.
Sensburg: Technisch konkreter: Wählen sie Strecken/Glasfasern aus?
Helfrich: Die werden durch Analyse ausgesucht.
Sensburg: Macht das der BND?
Helfrich: Ja, nicht wir.
Auch das ergibt sich aus der TKÜV, die (auch) die Telekom AG dazu verpflichtet,
„Aufstellung und den Betrieb von Geräten des Bundesnachrichtendienstes zu dulden, die nur von hierzu besonders ermächtigten Bediensteten des Bundesnachrichtendienstes eingestellt und gewartet werden dürfen“
Nachdem wir gestern dazu unseren Artikel veröffentlicht hatten, dessen Informationen offensichtlich Vielen nicht bekannt war, fragte Fritz Mielert, seit Jahren aktiv in der Bürgerbewegung gegen das urbane Umbauprogramm „Stuttgart 21“, auf Twitter den Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), ob dieser sich dazu äußern wolle.
Die Antwort vom Mitglied des Bundestages (MdB) Konstantin von Notz:
Sehr geehrte Geschworene am Gerichtshof der Öffentlichen Meinung, bilden Sie nun Ihr Urteil.
(…)
Artikel zum Thema:
21.03.2015 Die Schonfrist für den B.N.D.-N.S.A.-Untersuchungsausschuss ist endgültig abgelaufen
Was für mich dann das Fass Bundestag und seinen Untersuchungsausschuss endgültig zum Überlaufen brachte, war die Reaktion des Bundestagsmitarbeiters von MdB Notz, Jörn Pohl.
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