Teile des Schäfer-Berichtes auf wikileaks

In der anonymisierten, öffentlichen Version des Schäfer Berichtes mussten auf Grund einer Gerichtsentscheidung die Randnummern 175- 200 ausgespart werden, da dies der betroffene FOCUS- Redakteur mittels einer einstweilige Verfügung gerichtlich erzwungen hatte.

Nun sind diese 11 Seiten – im Original, ohne jegliche Anonymisierung – als Recherchematerial zu dem Artikel „How German intelligence infiltrated Focus magazine“ auf der wikileaks. org zu lesen.

Die freie Berichterstattung sollte auch in unserer offenen Gesellschaft Grenzen haben. Der Vorgang kann daher von mir nur mit Erstaunen und mit Missbilligung zur Kenntnis genommen werden.

Aber auch mit Interesse.

So erfährt der Leser, dass angeblich von einem FOCUS-Mitarbeiter an den BND die Information geliefert wurde, dass der ehemalige BND-Vize-Präsident Güllich Informant des SPIEGELS in der Plutoniumsaffäre gewesen sein soll.

Mehr noch, der FOCUS- Redakteur hat sich angeblich bei dieser Information auf eigne Quellen des FOCUS in der Registratur des SPIEGELS berufen.

Mit anderen Worten: Nicht nur die Nachrichtendienste bespitzeln die Presse. Die Presse bespitzelt sich auch gegenseitig.

Erinnert mich irgendwie an eine Gewerkschaft, welche um undichte Stellen in den eigenen Reihen zu finden, loyale Gewerkschaftsmitglieder in der Buchhaltung des Nachrichtenmagazins STERN veranlasst hatte, die Reise- und Bewirtungskosten der recherchierenden STERN-Journalisten zu prüfen, ob sich aus bewirteten Personen der Name eines Gewerkschaftsmitarbeiters ergeben würde.

Katz und Maus Spiel

Das Spiel, welches der betroffene Journalist und der BND-Mann Volker Foertsch spielten, wird durch einen Satz klar, der lautetet:

• „…. So erfuhr Foertsch (…..) bereits am 29. November 1993, die Quelle ….(von H…) für Informationen aus dem BND sitze in Foertsch „Dunstkreis“…….“

Es war ein gegenseitiges Aushorchen – ein gefährliches Katz- und Maus- Spiel.

In der Sache teile ich die vorstehende Information von Herrn Foertsch – auch ich vermute den „Handelsreisenden“ im Leitungsstab des BND.

Aber nicht nur dieses gegenseitige Aushorchen war Grundlage der Aufklärung, sondern auch gezielter Verrat. So erfuhr Foertsch durch seine FOCUS-Quelle „Bosch“, dass der betroffene Redakteur mit viel Geld am 28.3.1994 nach Moskau fuhr.

Klar doch – unmittelbar nach dieser Reise (4.7.1994) überraschte der FOCUS die Öffentlichkeit mit der Geschichte des KGB-Generals „Yuri Drosdov“ und der Offenbarung, dass es im BND einen nicht enttarnten KGB-Spion geben soll.

Amüsant auch Sätze wie:

• „…Ein erstes Gespräch mit H….an dem seitens des Bundesnachrichtendienst auch Wilhelm und Dr. L… teilnahmen, diente dem Ziel, „die Person H… kennen zu lernen und auszuloten, ob weitere Kontakte für den Dienst nützlich sein könnten……“

Es ging bei diesen Kontakten also auch um die Prüfung der Frage der Nützlichkeit des Gesprächspartners.

Journalistisches Interesse

Die Veröffentlichung hat allerdings auch Vorteile. So wird endlich bekannt, dass der FOCUS- Mitarbeiter H… seine BND- Kontakte auch gezielt im journalistischen Interesse eingesetzt hat, zum Beispiel bei der Verifizierung von zugespieltem Material.

Veröffentlichung nicht unproblematisch

Grundsätzlich bin ich gegen die Veröffentlichung von Originalmaterial, da ich als Journalist die Reichweite des Materials nicht voll beurteilen kann. Dies wird klar bei der Randnummer 185, aus der hervorgeht, dass sich Gregor Gysi und Andrea Lederer mit libyschen Geheimdienstoffizieren in Malta 1992 getroffen haben.

Dumm, im gleichen Hotel auf Malta war auch eine Quelle des BND abgestiegen, die nun – durch die Veröffentlichung – wohl enttarnt ist.

Viel Staub

Die Veröffentlichung wird viel Staub aufwirbeln. Ich warte nur noch, bis der vollständige Schäfer- Bericht – nicht anonymisiert – im Internet auftaucht.

Die Veröffentlichung hat aber auch den Vorteil, dass Latrinenparolen nun den veröffentlichen Fakten weichen müssen.

Gesucht habe ich auf wikileaks Dokumente des BND – gefunden habe ich einen Auszug eines klassifizierten Dokumentes des Bundestages.

Quelle aus rechtlichen Gründen als (verstümmelter) Textlink:

…… wikileaks.org/wiki/How_German_intelligence_infiltrated_Focus_magazine

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