Geblendet in Gaza

ICH MUSS ein ganz besonderes Bekenntnis ablegen: Ich mag Gaza.

Ja, ich mag diesen entlegenen Winkel von Palästina, den schmalen Streifen auf dem Weg nach Ägypten, in dem zwei Millionen Menschen zusammengepfercht sind und der der Hölle näher ist als dem Himmel.

Ich bin in Gedanken dort. „Geblendet in Gaza“ weiterlesen

Der bizarre Fall von Bashar

CONAN DOYLE, der Schöpfer der Legende von Sherlock Holmes würde seine Geschichte über diesen Vorfall mit „Der bizarre Fall von Bashar al-Assad“ überschrieben haben.

Und er ist bizarr.

Es handelt sich um die bösen Taten von Bashar al-Assad, dem syrischen Diktator, der sein eigenes Volk mit Sarin, einem Nervengas, bombardiert und so unmittelbar den Tod der Opfer verursacht hat.

Wie jeder in aller Welt hörte ich von dieser schändlichen Tat nur wenige Stunden, nachdem sie geschah. Wie jeder andere war ich schockiert. Doch …. .

DOCH BIN ich ein professioneller investigativer-Journalist. 40 Jahre lang meines Lebens war ich der Chefredakteur eines investigativen Wochen-Magazins, das fast alle größeren Skandale Israels während dieser Jahre aufgedeckt hat. Ich habe nie einen größeren Beleidigungsprozess verloren; in der Tat bin ich überhaupt selten verklagt worden. Ich erwähne dies nicht, um mich damit zu rühmen, sondern um einige Autorität dem zu leihen, was ich jetzt sagen will.

In meiner Zeit habe ich mich entschieden, Tausende von investigativen Artikeln zu veröffentlichen, einschließlich einiger, die sich um die bedeutendsten Leute in Israel handeln. Weniger bekannt ist, dass ich mich auch entschieden habe, viele Hunderte andere nicht zu veröffentlichen, bei denen mir die notwendige Glaubwürdigkeit fehlte.

Wie entschied ich das? Nun als erstes fragte ich nach dem Beweis. Wo ist der Hinweis, das Indiz? Wo sind die Zeugen? Gibt es eine schriftliche Dokumentation? „Der bizarre Fall von Bashar“ weiterlesen

Ein Wort aus vier Buchstaben

Wenn ein Brite oder Amerikaner von einem „Wort aus vier Buchstaben“ spricht, meint er einen vulgären sexuellen Ausdruck, ein Wort, das man in guter Gesellschaft nicht ausspricht.

In Israel haben wir auch so ein Wort, ein Wort aus vier Buchstaben. Ein Wort, das nicht ausgesprochen werden soll.

Dieses Wort ist Schalom, Frieden. (Im Hebaräischen ist „sch“ ein Buchstabe und das „a“ wird nicht geschrieben.)

Vor Jahren wurde dieses Wort (außer dass es als Gruß benutzt wird) aus dem Verkehr gezogen. Jeder Politiker weiß, dass sein Gebrauch tödlich ist. Jeder Bürger weiß, dass er es nicht benutzen darf.

Es gibt viele Wörter als Ersatz: „Politische Vereinbarung“, „Trennung“, „wir sind hier und sie sind dort“, „regionale Abmachung“, um nur einige zu nennen.

Und da kommt Donald Trump und bringt das Wort wieder aufs Tapet. Trump in seiner Einfalt weiß nicht, dass es in diesem Land tabu ist.

Er will hier Frieden machen. SCH-A-L-O-M. Sagt er. „Ein Wort aus vier Buchstaben“ weiterlesen

Wer seine Missetat bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen

IM TUMULT anlässlich des 50. Jahrestages der „Vereinigung“ Jerusalems in den letzen Tagen wurde in einem Artikel behauptet, dass „selbst der Friedensaktivist Uri Avnery“ in der Knesset für die Vereinigung der Stadt gestimmt habe.

Das ist richtig. Ich habe in meiner Autobiografie Optimistisch versucht, die Umstände darzustellen. Aber nicht jeder hat das Buch gelesen und bisher ist es nur auf Hebräisch erschienen.

Deshalb will ich noch einmal versuchen, das seltsame Votum zu erklären. Zu erklären, nicht zu rechtfertigen. „Wer seine Missetat bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen“ weiterlesen

Grüße an Diana Buttu

VOR EIN paar Wochen wurde eine fast namenlose palästinensische Frau auf ungewöhnliche Weise geehrt. Einer ihrer Artikel wurde oben auf der ersten Seite der auf der Erde am höchsten geachteten Zeitung veröffentlicht: der New York Times.

Die Herausgeber stellten die Verfasserin Diana Buttu als „Rechtsanwältin und ehemalige Beraterin des Verhandlungs-Teams der Palästinensischen Befreiungsorganisation“ vor.

Ich habe Diana Buttu kennengelernt, als sie im Jahr 2000 zum ersten Mal auf der palästinensischen Szene erschien, zu Beginn der Zweiten Intifada. Sie wurde in Kanada geboren und ist die Tochter palästinensischer Einwanderer, die sich große Mühe gaben, sich in ihrem neuen Heimatland zu assimilieren, und sie genoss eine gute kanadische Erziehung.

Als der Kampf in den besetzten Gebieten intensiver wurde, kehrte sie ins Heimatland ihrer Eltern zurück. Die palästinensischen Teilnehmer an den Verhandlungen mit Israel, die nach dem Oslo-Abkommen begannen, waren von der jungen Rechtsanwältin beeindruckt, die – was bei ihnen eine Seltenheit war – ausgezeichnet Englisch sprach, und sie baten sie, an den nationalen Bemühungen teilzunehmen. „Grüße an Diana Buttu“ weiterlesen

Der Besuch

GOTT SEI gedankt für Oren Chasan.

Ohne ihn wäre es ein äußerst langweiliger Besuch gewesen.

Israels Minister waren zum offiziellen Empfang von Präsident Donald Trump in der brennenden Sonne am Fuße der Fluggasttreppe angetreten.

Es war sehr heiß, es gab keinen Schatten, für die Männer waren dunkle Anzüge obligatorisch. Ganz furchtbar.

Viele Minister hatten nicht teilnehmen wollen. Der Ministerpräsident musste sie mit schrecklichen Drohungen dazu zwingen.

Aber sieh da! Als Trump aus dem Präsidentenflugzeug stieg, war die Reihe derer, die ihn empfingen, endlos. Nicht nur alle Minister waren dort angetreten, sondern auch eine große Anzahl von Eindringlingen. Es war zu spät, um sie zu vertreiben.

Der bekannteste von ihnen war Oren Chasan. Als einfacher Abgeordneter der Knesset in der ersten Amtszeit mit einer anerkannten Begabung für Vulgarität stellte er sich mit in die Reihe der Minister. Als Präsident Trump sich ihm mit ausgestreckter Hand näherte, holte Chasan sein Mobiltelefon hervor und schickte sich an, sich mit dem Präsidenten zu fotografieren. Dieser war so überrascht, dass er verlegen mitspielte.

Innerhalb von Sekunden war das Foto in aller Welt und auf vielen Webseiten. „Der Besuch“ weiterlesen

Parlamentarisches Gesindel

ALS ICH zum ersten Mal in die Knesset kam, war ich über das niedrige Niveau der Debatten erschrocken. Die Reden waren voller Klischees, hohler Phrasen und Parteiparolen, der intellektuelle Inhalt war dem Nullpunkt nahe.

Das war vor 52 Jahren. Zu den Abgeordneten gehörten David Ben-Gurion, Menachem Begin, Levi Eschkol und einige andere ihresgleichen.

Wenn ich heute zurückblicke, erscheint mir die damalige Knesset, wenn ich sie in ihrer Zusammensetzung mit der unwürdigen Körperschaft heute vergleiche, wie ein Olymp.

EINE INTELLIGENTE Debatte in der heutigen Knesset wäre ebenso fehl am Platz wie das Vaterunser in einer Synagoge.

Seien wir ehrlich: die gegenwärtige Knesset ist voller Leute, die ich parlamentarisches Gesindel nennen würde. Lauter Männer und Frauen, mit denen ich nicht einmal Kaffee trinken würde. „Parlamentarisches Gesindel“ weiterlesen

Ein seltsamer Nationalstaat

DIE AMTIERENDE israelische Regierungskoalition besteht aus 67 (von 120) Abgeordneten der Knesset.

Jeder Abgeordnete möchte wieder- (und wieder und wieder) gewählt werden.

Um wiedergewählt zu werden, muss er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich lenken.

Wie macht er das? Das Einfachste ist, ein neues Gesetz vorzuschlagen. Und zwar ein Gesetz, das so haarsträubend ist, dass die Medien es beim besten Willen nicht übergehen können.

Das führt zu einem ganz natürlichen Wettbewerb. Um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, muss jedes Gesetz ein wenig haarsträubender als das vorangegangene sein. Nur der Himmel ist die Grenze. Vielleicht. „Ein seltsamer Nationalstaat“ weiterlesen

Eins, zwei – freut euch!

IN DIESEM Jahr war der Unabhängigkeitstag – am letzten Dienstag – keine sehr fröhliche Angelegenheit.

Ich erinnere mich an die ersten Unabhängigkeitstage gleich nach der Gründung des Staates Israel. Da gab es spontanen Jubel, wir waren alle auf der Straße und haben wirklich gefeiert.

Das ist lange her. Der Feiertag in diesem Jahr war gedämpft, sogar traurig. Veteranen hatten das Gefühl, „das ist nicht mehr unser Staat“, „sie haben Israel gestohlen“. Mit „sie“ meinen sie die Rechtsgerichteten. „Eins, zwei – freut euch!“ weiterlesen

Palästinas Nelson Mandela

ICH MUSS ein Geständnis ablegen: Ich mag Marwan Barghuti.

Ich habe ihn einige Male in seinem bescheidenen Haus in Ramallah besucht. In unseren Gesprächen ging es um den israelisch-palästinensischen Frieden. Wir hatten dieselben Gedanken: den Staat Palästina neben dem Staat Israel und Frieden zwischen beiden Staaten zu schaffen, der sich auf die Grenzen von 1967 (mit kleinen Angleichungen) gründen sollte, zwei Staaten mit offenen Grenzen und Kooperation.

Das war kein Geheimabkommen. Barghuti hat seinen Vorschlag viele Male wiederholt, sowohl im Gefängnis als auch außerhalb des Gefängnisses. „Palästinas Nelson Mandela“ weiterlesen