DER 11. SEPTEMBER: Duplikat, Drone, Plan
Teil I: Die Militärmanöver
Teil II: Nachspiel
Teil III: Langer Marsch eines Molochs
Teil IV: Die Kommandokette
Bereits vor Jahrzehnten entwickelte das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika den Plan ein eigenes ziviles Passagierflugzeug in der Luft gegen eine unbemannte „Drone“ auszutauschen, um diese dann selbst zur Explosion zu bringen und einen Abschuss vorzutäuschen. Ebenso wurde der Plan einer „Terrorkampagne“ in der eigenen Hauptstadt Washington, sowie die Versenkung eines US-Kriegsschiffes autorisiert. Ziel war es, diese Vorfälle einer feindlichen Macht zu unterstellen, vor der Weltöffentlichkeit das Opfer zu spielen und nachfolgend eine Invasion starten zu können.
Jahr der Entwicklung des Plans: 1962. Zielobjekt: Kuba.
Auf Kuba war Ende 1959 der enge US-Alliierte und Militärdiktator Batista durch die Guerillas von Fidel Castro gestürzt worden. Um Castro, der nach der Revolution umgehend in naivem Glauben in die USA reiste um dort Kooperation zu suchen und Vizepräsident Nixon zu finden, wieder zu beseitigen und in Kuba erneut eine aus den Vereinigten Staaten heraus kontrollierte Regierung zu installieren, unterschrieben am 13. März 1962 die Mitglieder im „Joint Chiefs of Staff“, dem obersten Generalstab des US-Militärs, ein Memorandum mit dem Titel „Rechtfertigung für (eine) Intervention des US Militärs in Kuba“ und sendeten es zur Annahme an den Verteidigungsminister. Im Memorandum des US-Generalstabs heißt es:
„Das vorgeschlagene Vorgehen..basiert auf der Prämisse, dass aus einer Periode erhöhter us-kubanischer Spannungen welche die Vereinigten Staaten in die Position berechtigter Beschwerden bringt, eine Militärintervention resultiert. Weltmeinung und Vereinte Nationen sollen vorteilhaft beeinflusst werden, durch das Entwickeln eines internationalen Image der kubanischen Regierung als überstürzt und unverantwortlich und als eine unberechenbare Bedrohung für den Frieden der westlichen Hemisphäre.“
Geplant wurde, der Öffentlichkeit eine „logische Abfolge“ („logical build-up of incidents“) von Ereignissen zu präsentieren, gepaart mit „scheinbar nicht zusammenhängenden Vorfällen“, um das „ultimative Ziel zu tarnen“: die Invasion.
Dazu schlug das Memorandum des US Generalstabs u.a. einen fiktiven Angriff kubanischer Truppen auf die eigene Militärbasis in Guantanamo vor. Konkret:
– das Landen „befreundeter“ Kubaner „über den Zaun“, also zur Simulation eines Angriffs kubanischer Regierungstruppen auf die seit 1899 zum US-Territorium gehörende Militärbasis in Guantanamo
– Gerüchte zu streuen und dafür „klandestines Radio“ zu benutzen
– „friendly“ (also die eigenen) Saboteure innerhalb der US Basis Guantanamo zu fassen
– Krawalle mit „friendly“ Kubanern am Haupttor anzufangen
– Explosionen in der eigenen Basis zu verursachen
– mit eigenen Kräften Granaten in die eigene Basis zu feuern
– ein eigenes Kriegsschiff in der Bucht von Guantanamo in die Luft zu jagen.
Zitat:
„Ein ´Remember the Maine´ Vorfall könnte in mehreren Formen arrangiert werden:
a. Wir könnten ein US-Schiff in Guantanamo Bay in die Luft jagen und es auf Kuba schieben.
b. Wir könnten ein ferngelenktes („drone“) unbemanntes Schiff irgendwo in kubanischen Gewässern in die Luft jagen.“
Der mysteriöse Untergang der USS Maine am 15. Februar 1898 im Hafen von Havanna hatte einen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Spanien ausgelöst, den US-Präsident William McKinley zunächst nicht führen wollte. William McKinley starb später an den Folgen eines Attentats, fast auf den Tag genau hundert Jahre vor 9/11.
Nach dem Untergang des eigenen Kriegsschiffes, bei dem Hunderte von US-Soldaten ums Leben kamen, waren unter dem Schlachtruf „Remember the Maine“ in den USA Hunderttausende Freiwillige zu den Waffen geeilt. Am Ende des Krieges stand Kuba faktisch unter direktem Einfluss der USA.
An jenem 13. März 1962 nun unterschrieben die höchsten Militärs der USA auch den Vorschlag einer Terrorkampagne in der eigenen Hauptstadt. Diese sollte anschließend ausländischen Flüchtlingen in die Schuhe geschoben werden sollte. Ebenso wurde vorgeschlagen, Flüchtlingsboote gezielt zu versenken. Zitat:
„Wir könnten eine kubanische terroristische Terrorkampagne im Gebiet Miami entwickeln, in anderen Städten in Florida und sogar in Washington. Die Terrorkampagne könnte kubanischen Flüchtlingen in die Schuhe geschoben werden, die einen sicheren Hafen in den Vereinigten Staaten suchen. Wir könnten eine Bootsladung mit Kubanern auf dem Weg nach Florida versenken (real oder simuliert). Wir könnten Angriffe auf das Leben kubanischer Flüchtlinge bis hin zur Verwundung begünstigen, um es breit zu publizieren. Außerdem würden das Explodieren einiger Plastikbomben an sorgfältig ausgesuchten Orten, die Festnahme kubanischer Agenten und die Veröffentlichung präparierter Dokumente, die eine kubanische Verwicklung untermauern, dabei hilfreich sein die Idee einer unverantwortlichen Regierung zu projizieren.“
Ebenfalls wurde das Szenario einer vermeintlich aus Kuba stammenden Waffenlieferung an kommunistische Gruppen in der Dominikanischen Republik beschrieben, welche dann am Strand „gefunden“ werden könnte. Eine Szenario beschrieb, wie man Flugzeugpassagieren in zivilen Flugzeugen „Störmanöver“ durch vermeintlich kubanische Kampfjets vorgaukeln könne, bei denen es sich aber in Wirklichkeit um „entsprechend gefärbte“ eigene Kampfflugzeuge handeln würde. Um „vernünftige Kopien“ kubanischer MIGs „aus US Ressourcen“ zu produzieren benötige man „rund drei Monate“, so das Memorandum des Generalstabs an den Verteidigungsminister.
Ein weiteres Szenario sah den fiktiven Abschuss eines eigenen US-Kampfjets durch die kubanischen Regierungstruppen vor. Dazu sollten Manöver der Air Force vor der kubanischen Küste angesetzt werden, mit entsprechendem Flugabstand der einzelnen Maschinen. Ein einzelner, gebriefter Pilot unter Alias-Identität sollte während einem Flugmöver abtauchen und in „extrem niedriger Höhe“ Richtung Luftwaffenstützpunkt Eglin verschwinden. Vorher sollte er noch den Notruf an die eigenen Kameraden absetzen, er sei von kubanischem MIGs angegriffen worden.
„Um das Flugzeug würden sich die angemessenen Leute kümmern, es würde schnell gelagert und mit einer neuen Hecknummer versehen werden. Der Pilot, der die Mission unter Alias ausführte, würde seine eigene Identität wieder annehmen und an seinen normalen Geschäftsbereich zurückkehren.“
Zur exakt gleichen Zeit des vorgetäuschten Abschusses, so im Memorandum des US-Generalstabs weiter, sollte ein U-Boot oder ein kleines Flugzeug Trümmerteile von F-101 Kampfjets 20 Kilometer vor der kubanischen Küste auf der Wasseroberfläche platzieren.
„Die nach Homestead zurückkehrenden Piloten würden eine wahre Story haben, so weit sie es wüssten.“
Anschließen sollten Rettungsschiffe und Flugzeuge entsandt werden, um die vorher platzierten vermeintlichen Trümmerteile zu finden.
Das Memorandum enthielt auch den Austausch eines eigenen Flugzeugs durch eine „Drone“, ein unbemanntes ferngelenktes Flugzeug und exaktes Duplikat, sowie dessen Abschuss durch eigene Kräfte. Zitat:
„8. Es ist möglich einen Vorfall zu kreieren, der überzeugend demonstriert, dass ein kubanisches Flugzeug einen gecharterten zivilen Airliner auf dem Weg von den Vereinigten Staaten nach Jamaika, Guatemala, Panama oder Venezuela angegriffen und abgeschossen hat. Das Flugziel würde nur (deswegen) ausgewählt, um eine Flugroute über Kuba herbeizuführen. Die Passagiere könnten eine Gruppe von College Studenten im Urlaub sein, oder irgendeine andere Gruppierung von Personen mit einem gemeinsamen Interesse (um) das Chartern eines nicht angesetzten Fluges zu unterstützen.
a. Ein Flugzeug auf dem Eglin Luftwaffenstützpunkt würde als exaktes Duplikat für ein ziviles registriertes Flugzeug gefärbt und nummeriert, das zu einer im Besitz der CIA befindlichen Organisation im Gebiet Miami gehört. Zu einer bestimmten Zeit würde das tatsächliche zivile Flugzeug durch das Duplikat ersetzt und mit den ausgesuchten Passagieren besetzt werden, alle unter sorgfältig ausgesuchten Alias-Identitäten. Das tatsächliche registrierte Flugzeug würde in eine Drone verwandelt werden.
b. Die Startzeiten des Dronen-Flugzeuges und des tatsächlichen Flugzeuges würden geplant um ein Rendevouz südlich von Florida zu ermöglichen. Vom Treffpunkt wird das passagier-befördernde Flugzeug auf minimale Flughöhe absinken und sich direkt zu einer Behelfs-Landebahn des Eglin Luftwaffenstützpunktes bewegen, wo Vorkehrungen getroffen sein werden die Passagiere zu evakuieren und das Flugzeug zu originalen Status zurück zu bringen. Das Dronen-Flugzeug wird währenddessen entsprechend dem eingereichten Flugplan fliegen. Über Kuba wird die Drone auf der internationalen Notrufrequenz eine „Mayday“ Nachricht senden und angeben, es würde durch kubanische MIG Flugzeuge angegriffen. Die Transmission wird durch die Zerstörung des Flugzeugs unterbrochen werden, welche durch Funksignal („radio signal“) ausgelöst wird. Dies wird den Funkstationen der Internationalen Luftfahrtbehörde in der westlichen Hemisphäre erlauben den USA zu erzählen was passiert ist, anstatt dass die USA versuchen muss den Vorfall zu ´verkaufen´.“
Die Authentizität des heute unter dem Schlagwort „Operation Northwoods“ geführten Plan des US-Generalstabs (hier die Textfassung) ist unbestritten. Ebenso, dass es offiziell „deklassifiziert“, also durch eine US-Behörde freigegeben wurde. Unklar ist, wie, wann und durch welche Behörde, ebenso, von wem das Memorandum konkret geschrieben wurde.
Die „New York Times“ zitierte am 19. November 1997 aus dem US-Militär-Memorandum und verwies auf am gleichen Tag durch das „Assassination Records Review Board“ veröffentlichte 1500 Seiten mit bislang geheim gehaltenen Dokumenten. Es erschließt sich nicht, wie die Zeitung am Tag der Veröffentlichung 1500 (bestimmt nicht digitalisierte) Seiten durchgeblättert hat und bereits daraus zitieren kann. Im Abschlussbericht des „Assassination Records Review Board“ aus 1998 ist zum Thema nur ganz allgemein von „Memoranden der CIA und des Stabs vom Verteidigungsminister“ die Rede („CIA and OSD memorande“).
In 1999 wird das Militärmemorandum durch den Autor Jon Elliston im Buch „Psywar on Cuba – The Declassified History of U.S. Anti-Castro Propaganda“ erwähnt und beschrieben. Eine umfassende öffentliche Reaktion bleibt immer noch aus. Dann erscheint im April 2001 das Buch „Body of Secrets: Anatomy of the Ultra-Secret National Security Agency“ von James Bamford. Er schreibt ausführlich über „Operation Northwoods“.
James Bamford sagt später zu seinem Buch, es basiere hauptsächlich auf Dokumenten die durch den Freedom of Information Act erhalten wurden oder in Archiven gefunden worden seien. Es sei eine Frage des „Buddelns“ gewesen. Bamford wörtlich:
„Die NSA hat mir nie irgendwelche Dokumente ausgehändigt“
Im Dezember 2001 – inzwischen war bekanntlich einiges passiert – sagt Bamford, er sei „mehrere Male“ bei der NSA gewesen, diese habe ihm „Zugang“ gegeben, er habe „verschiedene Beziehungen mit der Agentur“ gepflegt.
Wer das Memorandum des Generalstabs bzw das vorhergehende Memorandum geschrieben hat, ist ebenso ominös. Einige deuten auf den Leiter der von Präsident John F. Kennedy persönlich autorisierten „Operation Mongoose“, Air Force General Edward Geary Lansdale (gleichzeitig Mitarbeiter der CIA), andere auf Brigadegeneral William H. Craig, den Beauftragten für Geheimoperationen vom rechtsextremistischen Generalstabschef Lyman Lemnitzer.
Ein anderes Memorandum, aus Februar 1962, mit dem bezeichnenden Titel „Possible Actions to Provoke, Harrass, of Disrupt Cuba“ wurde dieser Quelle zufolge (Dokument 5) vom Rechtsanwalt, ehemaligen „Sonderassistenten“ des Armeesekretärs im Pentagon und späteren Gesundheitsminister Joseph A. Califano entworfen.
Im Jahre 2014 angekommen, lautet die entscheidende Frage natürlich: Was wurde aus den im Memorandum beschriebenen Plänen?
Dazu die „New York Times“ im November 1997:
„Es existiert kein Beweis, dass sie ausgeführt worden“.
(…)
DER 11. SEPTEMBER: Die Attentate – Ablauf, Hergang und Widersprüche
Hinweis: in diesem Artikel wurden Abkürzungen wie “CIA” oder “NSA” nicht als solche durch Punkte gekennzeichnet.
In Satz 1 wurde der Ausdruck „abschießen“ durch „zur Explosion zu bringen und einen Abschuss vorzutäuschen“ ersetzt
18.08.2016: In Satz 1 „es“ durch „diese“ ersetzt, sowie weitere Markierungen im Text gesetzt.