Herr Bundespräsident, wir sind nur Dreck für Euch!
Horst Köhler lädt Angehörige der in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten zum Kaffee-Kränzchen für die Absicherung weiterer Kriegseinsätze der Bundeswehr auf sein Schloss Bellevue ein – Propaganda vom Edelsten und Feinsten (Foto: Schloss Bellevue, Stephan Czuratis (Jazz-face)/Wikipedia)
Horst Köhler steht nicht einmal zu seinen ausgesprochenen Worten sondern versucht sie im Nachhinein umzudeuten. Das ist eine vergebliche Mühe, er kann jetzt nicht behaupten, er habe den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zur deutschen Ressourcensicherung nicht gemeint und mit Atalanta verwechselt, hatte er doch seine Reiseroute aus China kommend gewählt, um demonstrativ den Soldaten vor Ort den Rücken zu stärken. Zwar fangen beide Begriffe mit einem „A“ an, dennoch kann er nun nicht feige einen Rückzieher machen und von einem Irrtum sprechen und muss auch „B“ sagen. Das offiziell ausgesprochene Wort eines Bundespräsidenten gilt, ansonsten braucht ein Land keinen höchsten Repräsentanten – da könnte ja gleich jeder kommen und seine Meinung kund tun mit dem gleichen Gewicht.
Im Übrigen ist dem Bundespräsidenten im Zusammenhang mit dem Afghanistankrieg ein weiterer Vorwurf zu machen.
Um die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung zu dem Einsatz zu erhöhen, kam er auf die Idee, die Angehörigen der getöteten und verwundeten Soldaten zum Kaffee-Kränzchen im Juni in sein Schloss Bellevue einzuladen – was für eine Ehre!
Das wirkt so, als sollten sie von der „Hohen Macht“ eingeschüchtert, geblendet, sich höchst geehrt fühlen und so gefügig gemacht werden und bloss keine Kritik am Afghanistaneinsatz aufkommen zu lassen. Im Gegenteil macht es sich doch gut, wenn gerade die Betroffenen in Zukunft dafür plädieren, gewiss stehen für diesen Zweck schon die gemieteten Reporter „Gewehr bei Fuss“.
Als die Verwandten und Freunde der Soldaten die Botschaft von dem Tod ihres Angehörigen erfuhren, wo waren Ihre Worte des Beileids, Herr Bundespräsident?
Bei der Trauerfeier und beim Begräbnis, standen Sie mit am Grab, um tröstende Worte zu finden, Herr Bundespräsident?
Wo waren Ihre eindringlichen Worte, den Krieg endlich zu beenden und die Soldaten herauszuholen und sprechen statt dessen von unvermeidlichen weiteren toten Soldaten, Herr Bundespräsident?
Wo war ihr Statement zu dem Massaker an den einhundertzweiundvierzig getöteten afghanischen Bürgern von Kunduz vom 4.September, Herr Bundespräsident?
Trinken Sie Ihren Kaffee allein mit Ihren Freunden und Speichelleckern aus feinstem Porzellan, den Ihnen Ihre Bevölkerung in diesem Fall nur ungern bezahlt und ersparen sie trauernden Menschen diese Zeremonie, die ausschliesslich Ihren politischen Propagandazwecken einer weiteren Kriegsführung in Afghanistan und in der Welt dienen soll, sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Wir san nur Dreck für Euch! – Diese Worte von Georg Danzer haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren, im Gegenteil.
Frieden
Ned nur I hab so a Angst
ned nur I hab so an Haß auf Euch
die ihr uns regiert‘s
tyrannisiert‘s
in Kriege führt‘s
wir san nur Dreck für Euch.
Vier Milliarden Menschen
vier Milliarden Träume
über die ihr lacht‘s. Vier Milliarden Hoffnungen
die ihr mit einem Schlag zunichte macht‘s.
Und ihr baut‘s Raketen und Atomkraftwerke
und dann Bunker – wo ihr Euch versteckt‘s.
Aber diesmal
meine Herren
könnt‘s Euch sicher sein
daß ihr mit uns verreckt‘s.
Vier Milliarden Leben
vier Milliarden Tode
doch des is euch gleich.
Hört‘s ihr Wissenschaftler
ihr Politiker
ihr Mächtigen
wir fordern jetzt von Euch:
Gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden für die Welt !
Gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden für die Welt !
Gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden
wir woll‘n nix als Frieden
Frieden für die Welt !
Am Himmel steht die Sonn
die Kinder spiel‘n im Park
und es is Frieden. – I sitz auf ana Bank
die Blumen blühn im Gras
und es is Frieden.
I hab die Menschen gern
I steh auf meine Freund
und es is Frieden. – Ka Hunger und ka Haß
ka Habgier und ka Neid
und es is Frieden.
Ka Führer und ka Staat
ka Ideologie
und es is Frieden.
Ka Mißgunst und ka Angst
und Gott statt Religion
und dann is Frieden. – Ka Macht für niemand mehr
und niemand an die Macht
und es is Frieden.
Ka oben und ka unt
dann is die Welt erst rund
und es is Frieden.
Gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden
gebt‘s uns endlich Frieden für die Welt !
(Georg Danzer, 1978)
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