Neue Bowman-Expedition nach Lateinamerika: Geo-Piraten im Auftrag des Pentagons

zentralamerika

Militärische Geografie für Land-Warlords: Erstellung von Karten des „digital human terrain“ in Regionen der indigenen Völker (Abb.: C.I.A.-Karte von Zentralamerika, Lizenz unter public domain)

Meteorologie, Geografie, Geologie, Staat (die sogenannten „Entscheidungsträger“) und Militär bildeten schon immer eine innige Einheit, denn präzise Ortskenntnisse und die Verhältnisse der ansässigen Bevölkerung und ihre Machtstrukturen, gewonnen durch Händler und Spione entschieden wesentlich über den Erfolg ausländischer Begierden über das Land – sei es politisch durch Diplomatie, durch verdeckte Aktionen oder offene Invasion.

Die gewonnenen Daten werden zum Teil von den Militärs und Regierungsorganisationen als strategische Waffe wie Staatsgeheimnisse unter Verschluss gehalten. Unter Einbeziehung von zivilen Forschern aus öffentlichen Einrichtungen werden aus Drittmitteln finanzierte Ergebnisse publiziert. Über den Umfang entscheidet der Auftraggeber des Projekts. Die Autonomie der Universitäten wird immer mehr durch finanzielle Engpässe untergraben. Heutzutage geniessen die Professoren die höchste Anerkennung, denen es am erfolgreichsten gelingt, Drittmittelfinanzierung für ihre Einrichtung einzuwerben.

Die Amerikanische Gesellschaft für Geografie hat nun vom U.S.-Verteidigungsministerium die verbindliche Zusage der Finanzierung einer neuen breit ausgerichteten „Bowman“-Expedition erhalten. Diese speziellen Reisen zur Erfassung der „Human-Geografie“ wurden zu Ehren Isaiah Bowman‚s, Direktor der American Geographical Society von 1915 to 1935, benannt. Das Geld kommt vom Buget des Minerva-Forschungsinstituts des Pentagon: drei Millionen U.S.-Dollar für den Zeitraum von fünf Jahren.

Es ist die vierte Reise U.S.-amerikanischer Wissenschaftler im Rahmen der „Bowman Expeditions“ nach Lateinamerika.

Die erste Expedition „México Indígena“ führte im Jahr 2005 unter Leitung von Prof. Peter H. Herlihy und Prof. Jerome E. Dobson (beide Universität von Kansas) in den Jahren 2005 und 2006 nach Mexiko. Die Kommunen der Zapotecen in Oaxaca waren unter diesem Programm, die bis heute unter den mörderischen Angriffen durch paramilitärischen Milizen leiden (Triqui-Frauen fliehen vor Gewalt in Oaxaca), die Mitte 2006 begannen.

Bis zu einer Million U.S.-Dollar soll unter Einbeziehung aller Drittmittelgeber das Projekt gekostet haben. Zu den Geldgebern gehörten das U.S.-Aussenministerium und das Foreign Military Services Office in Fort Leavenworth in Kansas. Der Stützpunkt ist die Kaderschmiede für den Führungsstab der U.S.-Armee und der militärischen Auslandsaufklärung.

Die Geografen teilten ihre Daten Radiance Technologies mit, ein militärischer Auftragnehmer des Pentagons, spezialisiert auf kreative Lösungen für moderne Kämpfer sowie an die Raumfahrtbehörde N.A.S.A.

Die nächste Bowman-Expedition führte die Geografen zu den Großen und Kleinen Antillen: in die Dominikanische Republik, Haiti, Trinidad und Tobago.

Die dritte Tour wurde ab dem Jahr 2008 in Kolumbien durchgeführt. Dort konzentrierten sich die Wissenschaftler aus den U.S.A. in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen von der Universidad de Los Andes (Bogotá), der Universidad de EAFIT (Medellín) sowie mit CERAC und GEOSCIRE auf die vierzehn Bezirke der Provinz Cauca, in der Mohn, Koka und Marihuana angebaut werden. Weiterer Schwerpunkt war die Geographie und Geschichte der Comuna 13 in Medellín (siehe Medellín-Kartell). Die Gebiete des Drogenhandels und der Rauschgiftproduktion wurden gründlich analysiert und bis ins kleinste Detail die Landbesitzungsverhältnisse der ortsansässigen Gemeinden kartiert.

Die Aufarbeitung der gewonnenen Daten und die Erstellung der GIS-basierten Landnutzungskarten (Geoinformationssystem GIS) erfolgte in allen Fällen über einen Zeitraum von einigen Jahren.

Seit Jahrzehnten leiden die Bevölkerungen dort unter der massiven Gewalt der Drogenmafia, korrupten Beamten und ausländischen Söldner- und Geheimdienstoperationen. Besonders der hohe Anteil der noch dort lebenden indigenen Bevölkerung ist Ziel der Vertreibung aus ihrer traditionellen Heimat, deren Eigentumsrechte nicht klar festgelegt ist oder diese bewusst im Unklaren gelassen werden. Es geht um nichts anderes als um Landbesitz. Verkauft werden die Ergebnisse der neuen Expedition als ein Segen für die eingeborene Bevölkerung, die dadurch ein Mittel zur Rechtssicherheit für den Kampf um ihr Land erlangen. Eine Makulatur, die nicht im Interesse Washingtons liegt.

Die neue Forschungsmission unter Leitung der bewährten Protagonisten führt nun gleich in mehrere Länder Lateinamerikas. Weder die zivilen noch die militärischen Beteiligten nennen die einzelnen Länder dieses Projekts, es heisst nur vage: Zentralamerika. Die Emanzipation lateinamerikanischer Länder von der Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten von Amerika und dem Internationalen Währungsfond mit der Bildung eigener wirtschaftlicher und politischer Strukturen sowie neuer Handelspartner wird der Anlass sein, diese Mission zur „Geo-Piraterie“ durchzuführen. Auch die Pläne für den Bau eines zweiten Panama-Kanal stehen immer noch als eines der Grossprojekte im „zentralamerikanischen Raum“.

Leiter der Mission sind Prof. Peter Herlihy und Prof. Jerome E. Dobson, Präsident der American Geographical Society und Lehrstuhlinhaber für Geografie an der Universität von Kansas.

Der offizielle Auftrag lautet „The Human Geography of Resilience and Change: Land Rights and Political Stability in Latin American Indigenous Societies“ und ist auf der Website der The Minerva Initiative (bezeichnet nach der antiken Göttin) neben weiteren Projekten, die in den Genuss des Ausschreibungszuschlags dieser öffentlichen Gelder kommen, veröffentlicht (Abstract (PDF-Datei).

Bei diesem Abschnitt aus der Zusammenfassung des Projekts versiegen die Tränen der Rührung nicht über den zur Schau gestellten Gesinnungswandel des U.S.-Verteidigungsministeriums zur zukünftigen transparenten Politik, Informieren der Öffentlichkeit als Teil der Demokratie und dem Versuch, benachbarte Völker zu verstehen um Missverständnisse zu vermeiden und friedliche Lösungen bei Konflikten zu finden:

„Impact on DoD Capabilities and Broader Implications for National Defense: The proposed research addresses
recognized deficiencies in U. S. foreign policy, military strategy, and foreign intelligence. DoD will gain new
capabilities to conduct human geographic research, similar to but more advanced than those employed extensively in
World Wars I and II. DoD will benefit directly and abundantly from the openly-reported research and the
geographic information disseminated and from a greatly improved pool of regional experts, an improved labor pool,
and a better informed public in times of future political debates and conflict. An informed public is essential to
democracy, and the United States no longer has an informed public when it comes to foreign policy and military
strategy. Our purpose is to improve U. S. understanding of foreign lands and peoples and, thereby, to reduce
international misunderstandings, provide a knowledge foundation for peaceful resolution of conflicts,

Proteste der indigenen Bevšlkerung, Plaza Mayor, Guatemala City
Proteste der landlosen, indigenen Bevölkerung vor dem Präsidentenpalast in Guatemala-Stadt, 1996 (Foto: Reinhard Jahn, Creativ Commons-Lizenz)

Für die Grossindustrie, Regierungen und die militärischen Planer sind diese genauen Kenntnisse über Land und die Psyche (kognitive psychische (Individuelle-) Karten) über die indigenen Gesellschaften eine weitere Waffe zur Plünderung und Vertreibung „aus dem (noch bestehenden) Paradies“, das für zahlreiche Gemeinden bereits durch die neuen Kolonisten zur Hölle wurde, die auf die gleiche brutale Weise vorgehen wie vor fünfhundert Jahren.

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Zum Hauptquartier der neuen Hausherren des Sonnenlandes gehören: das Pentagon, die CIA, das FBI, die Defense Intelligence Agency (DIA), das National Reconnaissance Office (NRO) und der National Security Agency (NSA), das US-Justizministerium, das Homeland Security mit dem Coast Guard Intelligence (CGI) und dem Bureau of Customs and Immigration Enforcement (ICE), das US-Finanzministerium mit der US-Drogenbekämpfungsbehörde Drug Enforcement Agency (DEA), dem Bureau of Intelligence on Terrorism and Financial Affairs (TFI) und dem Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) sowie weiteren Behörden.

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Quellen:

The Bowman Expedition to Mexico (PDF-Datei)
AGS BOWMAN EXPEDITION TO COLOMBIA

http://minerva.dtic.mil/funded.html
http://www.amergeog.org/bowman-expeditions.htm
http://www2.ljworld.com/news/2013/jun/19/ku-geographers-win-18-million-department-defense-g/
http://alethonews.wordpress.com/2013/07/24/bowman-expedition-2-0-targets-indigenous-communities-in-central-america/

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