Planet der Stahlzäune
Betonmauern in den Köpfen und Stacheldraht in der Landschaft: Tendenz steigend
Screenshot: Grenze zwischen Israel und Jordanien in der Aravasenke
Unsere Welt im 21.Jahrhundert ist von tiefen Kontrasten geprägt.
Auf der einen Seite nimmt der Handel mit Gütern zwischen den Erdteilen zu, mehr Menschen haben die Möglichkeit in andere Staaten zu reisen – und die private und fachliche Kommunikation zwischen Personen in Echtzeit zu moderaten Preisen war noch vor wenigen Jahrzehnten eine Traumvorstellung. Im Internet steht ein grosses Potential an frei zugänglichen Wissen und Informationen bereit.
Theoretisch müssten diese Voraussetzungen dazu führen, untereinander durch Dialog einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, der Gewalt und Kriege verhindert.
Das Gegenteil ist der Fall. Es wurden noch nie so viele Grenzbarrikaden errichtet wie in den vergangenen Jahren, unüberwindliche Wälle, ausgerüstet mit modernster Überwachungstechnologie.
Diese Entwicklung der Abschottung, die einen Rückfall in feudalistische Verhältnisse bedeutet, zeigt das – zum Teil ganz bewusste – Scheitern auf politischer Ebene und ist von den Menschen so nicht gewollt. Diese völlige Abgrenzung macht überhaupt keinen Sinn, sie ist unnatürlich und Ausdruck menschenfeindlicher Gesinnung von Regierungen, die das zu verantworten haben.
Und es werden ständig neue Abschnitte an den Grenzen fertiggestellt oder sind in Planung.
Eine der bekanntesten Grenzanlagen ist der Zaun zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika.
Im Norden Afrikas versucht sich Tunesien im Süden vor Libyen mit einem 200 Kilometer langen Grenzwall zu schützen. Ägypten schottete sich im Osten ab. Die spanische Enklave in Marokko ist vom N.A.T.O.-Zaun umgeben.
Im westlichen Asien wurden Grenzzäune von Israel, Saudi-Arabien, der Türkei, Jordanien und den Irak gezogen. Weiter östlich entsteht zwischen Pakistan und Indien eine neue Abgrenzung.
Für uns auf dem europäischen Kontinent sind die neuen Zäune mehr als befremdlich und ein absoluter Anachronismus – undenkbar noch vor wenigen Jahren. Griechenland, Ungarn, Slowenien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Rumänien, Estland: wie eine Seuche, der kaum Widerstand entgegengesetzt wird, breitet sich dieser ansteckende Bazillus aus.
Sieht so unsere Zukunft aus? Eingesperrt – ausgesperrt auf Anordnung von ewig Gestrigen, die völlig zerfressen sind von ihren Wahnvorstellungen.
Wir müssen die neu entstandenen Barrikaden in unseren Köpfen überwinden. Wenn diese nicht fallen, bleiben die physischen noch viele Jahre bestehen.
Keiner kann sich wünschen, dass unsere gesellschaftliche Entwicklung in diese Richtung weiter ungehemmt verläuft, in der Menschen als wilde gefährliche Tiere betrachtet werden und unter Umständen wie diese auch zum Abschuss bei einer Grenzverletzung freigegeben sind.
Einige chronologisch geordnete Meldungen dazu aus der Presse:
08.02.2016 Macedonia building new razor-wire fence parallel to existing one on Greece border
07.02.2016 Tunisia unveils fence on Libyan border
24.01.2016 Govt mulls Israel-type fencing along Pakistan border
24.01.2016 Protesters march against Greece-Turkey border fence
22.01.2016 Hungary’s Orban urges fence between Greece and FYROM, Bulgaria
20.01.2016 Defense Ministry releases first images of new Jordan border security fence
19.01.2016 Hungary to erect anti-migrant fence on Romanian border as ‚EU security falling apart‘
15.01.2016 Slovenia to build 670 km razor-wire fence at border to Croatia
25.08.2015 Estonia may build a high-tech fence on border with Russia
29.06.2015 Israel approves extending security fence to Jordan border
Artikel zum Thema
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17.01.2015 Der Verfall der saudi-arabischen Monarchie: Comeback der antiken Grenzwälle
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09.12.2009 Eiserne Mauer – Gaza wird 30 Meter tief abgegraben