Demokratie ist kein Verwaltungsvorgang

Max Frisch sagte einmal: “Demokratie heißt, sich in seine eigenen Angelegenheiten einzumischen.”

Die Stadtratsvorsitzende Sabine Hemberger habe Angst (siehe JenaTV), der Rechtsamtsleiter Martin Pfeiffer möchte die Stadt vor den vielen „Wutbürgern“ schützen (siehe OTZ) und der Oberbürgermeister Albrecht Schröter erwartet eine Entschuldigung und sieht den Ruf der Jenaer Bürgerbewegungen in Jena beschädigt (siehe MDR). Man könnte den Eindruck gewinnen, die Verwaltung der Stadt Jena rüstet auf, nachdem sie jahrelang Gespräche wie Placebopillen verteilt und kompromissfrei vor sich hingehandelt hat.

Ab dem nächsten Stadtrat wird eine Einlasskontrolle mit Zählpixel dafür sorgen, dass maximl 200 Besucher live an den Sitzungen teilnehmen und noch dazu ihre Namen polizeilich abgeglichen werden können. Während die einen so erfasst werden, wird der Rest einfach ausgesperrt. Die Stadt ließ verkünden: “Es wird eine Einlasskontrolle geben, um die zulässige Belegung der Rathausdiele von maximal 200 Personen sicher zu stellen. Bitte berücksichtigen Sie diese Sicherheitsvorkehrungen durch rechtzeitiges Kommen.” Geht es dabei wirklich um Sicherheit?

Unabhängig davon will der Oberbürgermeister die Öffentlichkeit durch die anstehende Änderung der Geschäftsordnung (z.B. „Eine Fraktion besteht -zukünftig- aus mindestens drei – vorher zwei – Mitgliedern.“) weiter einschränken und seine funktionale Entscheidungsmacht weiter ausbauen. Beim stattgefundenen Bürgerplenum auf dem Jenaer Marktplatz wurden keine Vertreter der Verwaltungsspitze und keine Stadträte gesichtet. „Demokratie ist kein Verwaltungsvorgang“ weiterlesen

„War damals der Ruf ´Wir sind das Volk´, so sollte heute unsere Devise lauten ´Wir sind der Staat´“

Die Rede von Schriftsteller Ingo Schulze, u.a. Preisträger vom Thüringer Literaturpreis 2007 und Bertolt-Brecht-Preis 2013, sowie Autor von „Kapitalismus braucht keine Demokratie“ und „Unsere schönen neuen Kleider – Gegen die marktkonforme Demokratie – für demokratiekonforme Märkte“, bei der heutigen 171. Montagsdemo der Bürgerbewegung gegen „Stuttgart 21“ (S21) auf dem Stuttgarter Marktplatz. Der Originaltitel der Rede „Was zum Teufel ist Wasser?“ wurde in der Überschrift ersetzt.

Ich danke Ihnen für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen. Ich möchte Ihnen eine kurze Geschichte vorlesen, die ich in einer Rede von David Foster Wallace gefunden habe. Die Geschichte geht so:
»Schwimmen zwei junge Fische des Weges und treffen zufällig einen älteren Fisch, der in die Gegenrichtung unterwegs ist. Er nickt ihnen zu und sagt: »Morgen, Jungs. Wie ist das Wasser?« Die zwei jungen Fische schwimmen eine Weile weiter, und schließlich wirft der eine dem anderen einen Blick zu und sagt: »Was zum Teufel ist Wasser?«

»Was zum Teufel ist Wasser?« ist eine Frage, die Ihnen womöglich vom Tenor her bekannt vorkommt. Was Tag für Tag verkündet und praktiziert wird, was alltäglich, was selbstverständlich ist, wird als gegeben und unveränderlich wahrgenommen, als alternativlos.

Ich habe das Glück, schon einmal miterlebt zu haben, dass sich die Welt von Grund auf verändern lässt, und dass dies, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, friedlich und ohne Blutvergießen möglich war. Sie haben hier Gewalt erlebt, die es an Brutalität mit den Knüppeleien mancher DDR-Polizeieinheiten im September und Anfang Oktober ’89 durchaus aufnehmen kann. Ein Unterschied zu damals ist, dass Sie keine Angst vor einer chinesischen Lösung haben müssen, vor der wir uns im Herbst ’89 fürchteten. „„War damals der Ruf ´Wir sind das Volk´, so sollte heute unsere Devise lauten ´Wir sind der Staat´““ weiterlesen

Bilder aus Spanien: 1989 reloaded

In Spanien demonstrieren Hunderttausende gegen die, maßgeblich aus der Regierung Merkel / Schäuble und dem Frankfurter Währungsdiktator EZB heraus, organisierte Zerschlagung ihrer Demokratie und Ausplünderung durch das internationale Banken-Kartell. Den Widerstand der Spanier neu entfacht haben die selbstorganisierten Minenarbeiter.

Während gestern das Parlament von Deutschland, das die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld heute mit der Volkskammer verglich, international engmaschig vernetzten Banken mit Sitz in Spanien 100 Milliarden Staatsgelder aus dem EFSF-Fonds zusprach und gleichzeitig die auf Druck von Kanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble und dem leitenden EZB-Direktor Mario Draghi erpresste 65 Milliarden Euro schwere weitere Entstaatlichung Spaniens guthieß, strömte das spanische Volk auf die Straßen von 80 seiner Städte. Obwohl sich selbst Mitglieder von Guardia Civil, Polizei und Feuerwehr anschlossen, ließ die Regierung Rajoy in nackter Panik vor dem eigenen Volk seine Sondereinheiten auf die Menschen los.

Hier Bilder davon. „Bilder aus Spanien: 1989 reloaded“ weiterlesen