Die USA und Israel als Groß- und Kleinpreußen

Als Kind war ich ein großer Bewunderer Israels.* Ich habe 1973 ein Sammelalbum über den Jom-Kippur-Krieg geführt. Damals war Israel Amerikas tapferer Verbündeter, David gegen Goliath, und half, den sowjetischen Bären in Schach zu halten, so schien es mir.

In den Augen eines Kindes war Israel 1973 eine Insel, die scheinbar von einem Meer gut bewaffneter Feinde umringt war: Ägypten, Syrien, Irak, Jordanien, Saudi-Arabien. Unterlegen und unterbewaffnet. „Die USA und Israel als Groß- und Kleinpreußen“ weiterlesen

Wer zum Teufel sind wir?

VOR JAHREN hatte ich ein freundschaftliches Gespräch mit Ariel Scharon.

Ich sagte zu ihm: „Ich bin in erster Linie Israeli. Erst danach bin ich Jude.“

Er antwortete hitzig: „Ich bin in erster Linie Jude und erst danach bin ich Israeli!“

Das mag sich nach einer überflüssigen Debatte anhören. Aber in Wirklichkeit ist eben das die Frage, die im Zentrum all unserer Grundprobleme steht. Sie liegt der Krise zugrunde, die jetzt Israel in Stücke reißt.

DER UNMITTELBARE Grund für diese Krise ist das Gesetz, das in der letzten Woche von der rechten Mehrheit in der Knesset in aller Eile verabschiedet wurde. Es trägt den Titel: „Grundlegendes Gesetz: Israel ist der Nationalstaat des jüdischen Volkes“. „Wer zum Teufel sind wir?“ weiterlesen

Wer ist wessen Vasall?

„WENN DU die Politik einer Nation verstehen willst, sieh dir die Landkarte an!“, soll Napoleon gesagt haben. Ein guter Rat.

Wenn du in diesen Tagen in Israel lebst, bekommst du den Eindruck, dass der riesige Staat Israel seinem amerikanischen Vasallen sagt, was er tun soll. Präsident Donald Trump hört zu und fügt sich. Bibi der Große sagt ihm, er soll ohne jeden vernünftigen Grund den Atomvertrag mit dem Iran zerreißen und er gehorcht. Er kann nicht anders, der Arme. Aber dann wirfst du einen Blick auf die Karte und entdeckst zu deiner großen Verwunderung, dass die USA ein riesiges Land sind, während Israel nur ein so kleiner Fleck ist, dass sein Name außerhalb seiner Grenzen ins Meer geschrieben werden muss. „Wer ist wessen Vasall?“ weiterlesen

Der wahre Sieger

AM FÜNFTEN Tag des Sechstagekrieges 1967 veröffentlichte ich einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten Levi Eschkol. Die israelische Armee hatte gerade das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen erobert und ich schlug vor, Eschkol solle dem palästinensischen Volk sofort anbieten, als Gegenleistung für Frieden mit Israel den Staat Palästina zu errichten.

Ich war damals Abgeordneter in der Knesset. Zwei Tage nach dem Ende des Krieges bat mich Eschkol in sein Büro im Knessetgebäude. „Der wahre Sieger“ weiterlesen

Das schreckliche Problem

Der Sohn Menachem Begins Ze’ev Begin ist ein sehr freundlicher Mensch. Man muss ihn einfach mögen. Er ist gut erzogen, höflich und bescheiden, einer, den man gerne zum Freund hätte.

Leider sind seine politischen Ansichten weit weniger liebenswert. Sie sind noch extremer als selbst das Handeln seines Vaters. Sein Vater hatte die Irgun geleitet und dann setzte er sich hin und schloss Frieden mit Anwar al-Sadat of Egypt. Ze’ev ist Golda Me’ir ähnlicher. Sie ignorierte Sadats Friedensangebote und führte uns in den verheerenden Jom-Kippur-Krieg. „Das schreckliche Problem“ weiterlesen

An der Verzweiflung verzweifeln

MEIN OPTIMISMUS hinsichtlich der Zukunft Israels irritiert viele. Wie kann ich angesichts dessen, was hier Tag für Tag geschieht, Optimist sein? Die praktische Annektierung der besetzten Gebiete? Die Misshandlung der Araber? Die Errichtung verderblicher Siedlungen?

Optimismus ist jedoch eine Geisteshaltung. Sie gerät auch angesichts des Übels nicht ins Schwanken. Im Gegenteil, wir müssen gegen das Übel kämpfen. Und wir können nicht kämpfen, wenn wir nicht glauben, dass wir gewinnen können.

Einige meiner Freunde und Freundinnen glauben, dass der Kampf schon verloren sei. Dass Israel nicht mehr von innen verändert werden könne. Dass die einzige Möglichkeit, es zu verändern, Druck von außen sei. „An der Verzweiflung verzweifeln“ weiterlesen

Der Begräbnis-Krawall

SCHIMON PERES hätte seine Freude daran gehabt: Eine Schlacht in der Öffentlichkeit anlässlich seines Begräbnisses.

Die arabischen Abgeordneten der Knesset nahmen nicht daran teil. Na und?

Ich nahm auch nicht daran teil. Wir mochten einander nie, und wenn ich am Begräbnis teilgenommen hätte, wäre das pure Heuchelei gewesen. Ich mag Heuchelei nicht.

Die Knesset-Abgeordneten der Gemeinsamen Liste beschlossen, die Veranstaltung zu boykottieren. Sie beschuldigten Peres, er habe die meiste Zeit seines Lebens dem Kampf gegen die Araber im Allgemeinen und die Palästinenser im Besonderen gewidmet. „Der Begräbnis-Krawall“ weiterlesen

Die Sage von Sisyphus

SIMON PERES ist ein Genie. Ein Genie im Auftreten.

Sein ganzes Leben lang hat er an der Darstellung seiner Person in der Öffentlichkeit gearbeitet. Das Image ersetzte den Menschen. Fast alle Artikel, die über ihn geschrieben wurden, seit er krank geworden ist, handeln von der imaginierten Person, nicht von der realen.

Wie die Amerikaner gerne sagen: Er ist so unecht, dass er schon wieder echt ist.

OBERFLÄCHLICH gesehen, gibt es einige Ähnlichkeiten zwischen ihm und mir.

Er ist nur 39 Tage älter als ich. Er kam ein paar Monate nach mir ins Land, als wir beide 10 Jahre alt waren. Ich wurde in das Genossenschaftsdorf Nahalal geschickt. Er wurde in das Landwirtschafts-Jugenddorf Ben Schemen geschickt.

Von uns beiden kann man sagen, wir seien Optimisten und wir seien unser ganzes Leben lang aktiv gewesen.

Hier enden die Ähnlichkeiten. „Die Sage von Sisyphus“ weiterlesen

„Wir“ und „Sie“

NEIN. Nicht „wir“ sind es, sondern „sie“.

Nicht „wir“: die Guten, die Moralischen, die Gerechten. Oder, um es deutlich auszudrücken: die Auserwählten. Die Juden.

Und nicht „sie“: die Schlechten, die Bösen. Um auch dies deutlich auszudrücken: die Verachtenswerten. Ja, die Araber.

Wir, die von Gott auserwählt wurden, weil wir so besonders sind.

Sie, alle die Heiden, die alle möglichen Idole anbeten, sei es Allah oder Jesus.

Wir, die heldenhaften Wenigen, die wir in jeder Generation denen gegenüberstehen, die uns vernichten wollen, wir jedoch retten uns aus ihren Händen.

Sie, die vielen Feiglinge, die uns und unseren Staat töten wollen, und die unser Mut besiegt.

Sie, alle die Gojim, besonders die Muslime, die Araber, die Palästinenser.

Nein, so ist es nicht. Durchaus nicht.

VOR EIN PAAR Tagen hat Jitzchak Herzog etwas besonders Widerwärtiges gesagt. „„Wir“ und „Sie““ weiterlesen

Wenn Gott verzweifelt

GLEICH NACH der Gründung Israels erschien Gott David Ben-Gurion und sagte zu ihm: „Du hast meinem Volk Gutes getan. Nenne mir einen Wunsch und ich will ihn erfüllen!“

„Ich wünsche mir, dass Israel jüdisch und demokratisch ist und dass es das ganze Land zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan umfasst“, erwiderte Ben-Gurion.

„Das ist sogar für mich zu viel!“, rief Gott aus. „Aber ich werde dir zwei der drei Bedingungen erfüllen. Du hast die Wahl zwischen einem jüdischen und demokratischen Israel in einem Teil des Landes, einem demokratischen Staat im ganzen Land, der nicht jüdisch sein wird, und einem jüdischen Israel im ganzen Land, das nicht demokratisch sein wird.“

Gott hat seine Meinung nicht geändert. „Wenn Gott verzweifelt“ weiterlesen