Warum erheben sich die Amerikaner nicht, wie wir es auf dem ganzen Planeten sehen?

Autoren: Medea Benjamin und Nicolas J. S. Davies

Die Wellen von Protesten, die in einem Land nach dem anderen auf der ganzen Welt ausbrechen, stellen die Frage: warum erheben sich die Amerikaner nicht in friedlichen Protesten wie unsere Nachbarn? Wir leben im Herzen dieses neoliberalen Systems, das die systemische Ungerechtigkeit und Ungleichheit des Laissez-faire-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts den Menschen des 21. Jahrhunderts mit Gewalt aufzwingt. So sind wir vielen der gleichen Missbräuche ausgesetzt, die Massenprotestbewegungen in anderen Ländern angeheizt haben, darunter hohe Mieten, stagnierende Löhne, Schulden von der Wiege bis zur Bahre, ständig steigende wirtschaftliche Ungleichheit, privatisierte Gesundheitsversorgung, ein zerfetztes soziales Sicherheitsnetz, katastrophale öffentliche Verkehrsmittel, systemische politische Korruption und endloser Krieg. „Warum erheben sich die Amerikaner nicht, wie wir es auf dem ganzen Planeten sehen?“ weiterlesen

Ecuador zwischen Protest und Ausnahmezustand: Jetzt spricht die Opposition!

Schwere Vorwürfe gegen Regierung und bewaffnete staatliche Kräfte. Unabhängige Medien unter Druck. Ruf nach Neuwahlen

Vertreter der Opposition und Menschenrechtsorganisationen in Ecuador haben das Vorgehen der Regierung von Präsident Lenín Moreno gegen die andauernden sozialen Proteste scharf kritisiert. Nach Ansicht des Abgeordneten Estaban Melo, der für die linksgerichtete Oppositionspartei Bürgerrevolution (Revolución Ciudadana) im Parlament sitzt, hat das Ausmaß an Unterdrückung und Verfolgung ein „historisches Niveau“ erreicht. Die heftige Reaktion des Staates diene alleine der Durchsetzung der Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Melo bezog sich auf Zugeständnisse der Regierung an den IWF. Nach der Streichung von staatlichen Subventionen auf Treibstoff und weiteren Kürzungsmaßnahmen kommt es seit Monatsbeginn zu landesweiten Protesten, in deren Verlauf mehrere Menschen starben und Hunderte Personen festgenommen wurden. Angeheizt werden die Proteste durch eine allgemeine wirtschaftliche Krise des Landes.Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Ecuadors ist im zweiten Quartal dieses Jahres nur um 0,3 Prozent gestiegen. Zugleich besteht die Regierung Moreno auf ein Sparprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar. Dieses Strukturanpassungsprogramm, das in Ecuador als „el paquetazo“ (etwa: das Mega-Paket) bekannt wurde, ist Teil einer Vereinbarung mit dem IWF, der im Gegenzug Kredite in Höhe von gut 4,2 Milliarden US-Dollar gewährt hat. Anfang dieses Monats nun stiegen die Benzinpreise daraufhin von umgerechnet 1,68 Euro pro Gallone (rund 3,8 Liter) auf 2,10 Euro, während der Dieselpreis von 98 Eurocent auf 2,06 Euro stieg, was einem Anstieg von gut 110 Prozent entspricht.

„Dabei wirken sich die erhöhten Kraftstoffpreise auf fast alle Produkte aus und führen zu einer allgemeinen Teuerung und zu Entlassungen“, sagte Melo gegenüber amerika21. Die Regierung spreche zwar von einem Dialog mit den Sozialorganisationen und Gewerkschaften, dies habe aber nichts mit der realen Politik zu tun. Tatsächlich hätten die Behörden in den vergangenen Tagen mit Zensur und Angriffen auf Medien reagiert, „um die Stimmen der politischen und sozialen Führungspersönlichkeiten zum Verstummen zu bringen“, so Melo weiter. Im Ausnahmezustand seien Verhaftungen und Ausgangssperren an der Tagesordnung, verfassungsmäßige Rechte wie das Demonstrationsrecht, die Versammlungsfreiheit, die Unverletzlichkeit des Hauses und die Bewegungsfreiheit seien massiv eingeschränkt.

„Das Land ist wie gelähmt“, sagte der ehemalige ecuadorianische Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado. Die Wirtschaftsmaßnahmen der Regierung hätten die Mehrheit der ecuadorianischen Bevölkerung in den letzten zwei Jahren verarmen lassen. Der nun stattfindende Sozialprotest sei massiv und habe das ganze Land erfasst. „Fast 85 Prozent der Straßen im Land sind gesperrt“, so Jurado, der auch auf die zunehmende Repression verweist. Die Zusammenstöße zwischen den Protestteilnehmern auf der einen Seite und Polizei sowie Armee auf der anderen Seite hätten alleine in der Hauptstadt Quito mehr als 400 Verwundete zur Folge gehabt. Für die übrigen Landesteile gebe es keine genauen Informationen.

Jurado beklagte zugleich eine „totale Zensur in den öffentlich-rechtlichen Medien“. Der Radiosender der Provinzregierung von Pichincha habe als einziges öffentlich-rechtliches Medium eine kritische Linie bewahrt und Bürgersendungen angeboten. Nun sei auch dieser Sender „zu einem Teil des staatlichen Propagandaapparates“ gemacht worden. Die Polizei habe zwei Universitäten angegriffen, in denen sich Menschen zu Friedensgebeten versammelt hatten, schilderte Jurado, der hinzufügte: „Zurzeit gibt es mehrere Dutzend vermisste Personen, darunter auch Kinder. Mehr als 800 Personen wurden verhaftet, darunter Journalisten und Politiker.“

„Angesichts dieser schweren Krise, um weiteres Blutvergießen durch unsere indigenen und mestizischen Brüder und Schwestern zu vermeiden und den Konflikt in Ecuador zu überwinden, muss Präsident Moreno seine Wirtschaftsmaßnahmen zurücknehmen und von seinem Amt zurücktreten“, sagte die oppositionelle Abgeordnete Esther Cuesta gegenüber amerika21. Dies sei auch angesichts der Tatsache nötig, da Präsident Moreno auf nationaler Ebene inzwischen kaum mehr 15 Prozent Zustimmung genieße. „Die Mitglieder der Fraktion der Bürgerrevolution sind der Ansicht, dass die Nationalversammlung gemäß Artikel 130 Ziffer 2 der ecuadorianischen Verfassung den Weg zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ebnen muss“, sagte Cuesta. Dies wäre eine Grundlage, um das Land wieder aufzubauen.

Nur eine neue Regierung und eine neue Nationalversammlung könnten einen echten Dialog und eine Übereinkunft mit der indigenen Gemeinschaft, Studenten, Arbeitern und Bauern herstellen, fügte Cuesta an, „also mit der großen Mehrheit des ecuadorianischen Volkes“.

Veröffentlicht am 12.10.2019 auf Portal amerka21.de

Die Aufsplitterung Jugoslawiens und Rekolonialisierung Bosniens

Anlässlich des 20. Jahrestags des verbrecherischen Überfalls der NATO auf Jugoslawien finden Sie hier einige Artikel, die ich damals übersetzt habe und die auf der Website „The Emperor´s New Clothes“ („Des Kaisers neue Kleider“) veröffentlicht worden sind. (Klaus Madersbacher)

Michel Chossudovsky

Die Aufsplitterung Jugoslawiens und Rekolonialisierung Bosniens

Der Einsatz schwer bewaffneter NATO-Truppen als „Friedenshüter“ in Bosnien wird von Politikern wie Medien im Westen gleichermaßen als angemessene – wenn auch sehr späte – Reaktion auf einen Ausbruch von ethnischen Säuberungen und Menschenrechtsverletzungen hingestellt. In der Folge des im November 1995 abgeschlossenen Dayton-Vertrages ist der Westen bemüht, sich als Retter der südlichen Slawen zu präsentieren und mit der „Arbeit am Wiederaufbau“ der neuen souveränen Staaten fortzufahren. „Die Aufsplitterung Jugoslawiens und Rekolonialisierung Bosniens“ weiterlesen

Wie lange kann die Federal Reserve das Unvermeidliche verhindern?

Autor: Paul Craig Roberts

Wann werden sich Amerikas globale Konzerne und die Wall Street mit Präsident Trump zusammensetzen und ihm erklären, dass sein Handelskrieg nicht mit China, sondern mit ihnen geführt wird? Der größte Teil des amerikanischen Handelsdefizits mit China ist die Offshore-Produktion der amerikanischen Weltkonzerne. Wenn die Unternehmen die Produkte, die sie in China herstellen, auf den US-Verbrauchermarkt bringen, werden die Produkte als Importe aus China eingestuft. „Wie lange kann die Federal Reserve das Unvermeidliche verhindern?“ weiterlesen

Krieg und Armut: ein Kompromiss mit der Hölle

Es ist so einfach, die wirkliche amerikanische Sicherheitslücke mit Worten über Stärke vs. Schwäche und die endlose Notwendigkeit, das Militär aufzurüsten, zuzukleistern.

Hier ist zum Beispiel Verteidigungsminister Jim Mattis, der neulich in The Guardian zitiert wurde: „Es obliegt uns, eine tödlichere Kraft aufzustellen, wenn unsere Nation die Fähigkeit behalten soll, uns selbst zu verteidigen und das, wofür wir stehen“.

Dies ist der Eckpfeiler der Großen Lüge, der Grundlage des globalen Leidens und der Unordnung: dass alle glorreichen Abstraktionen, für die wir stehen – Freiheit, Demokratie usw. – durch Gewalt und Androhung von Gewalt aufrechterhalten werden. Die Kraft des Bösen, siehe, ist fast unendlich, und sie lauert ungebrochen außerhalb unserer Grenzen, aber sie bleibt uns fern, solange sie uns fürchtet. Stellen Sie daher unter keinen Umständen die Höhe unseres Militärhaushalts in Frage. „Krieg und Armut: ein Kompromiss mit der Hölle“ weiterlesen

Aufrüstung als Armutsbekämpfung

Autoren: Sabine Lösing und Jürgen Wagner

Per Rechtsbeugung in die militarisierte EU-Entwicklungshilfe

Die Bundesrepublik hat 2016 eine „Ertüchtigungsinitiative“ ausgerufen. Sie sei, heißt es in einem „Arbeitspapier“ einer Bundesakademie, anders als geunkt werde, kein Versuch, „Rüstungsexporte in Krisengebiete zu rechtfertigen“, sondern „ein vielschichtiges Instrument vorbeugender Sicherheitspolitik“.[1] Dahinter stehe die Idee, „regionale Akteure in die Lage zu versetzen, selbst für Sicherheit und Stabilität in ihrer Nachbarschaft zu sorgen“. Sie sei „Hilfe zur Selbsthilfe“: „Staaten oder Organisationen, die als Stabilitätsanker in fragilen Regionen dienen können, sollen dahingehend ausgebildet und befähigt werden. Neben Schulung und Ausbildung zivilen und militärischen Personals schließt das deutsche Konzept auch die Bereitstellung von Ausrüstung mit ein.“ Schwerpunktländer sind gegenwärtig der Irak, Jordanien, Tunesien, Mali und Nigeria. „Aufrüstung als Armutsbekämpfung“ weiterlesen

Heisser Streik-Sommer in Frankreich: nach den Piloten folgen die Stewards

Die Gewerkschaften der Flugbegleiter der größten französischen Fluggesellschaft Air France drohen ab dem 27.Juli bis zum 2.August 2016 in den Ausstand zu gehen und geben der Gesellschaft mit dieser Ankündigung genügend Zeit, die bisher unbefriedigenden Verhandlungen vorher zu einem Abschluss zu bringen. Der neue Tarifvertrag zu Arbeits- und Aufwandsentschädigungen wird ab November in Kraft treten.

Normalerweise ist eine solche Ankündigung von Gewerkschaften nichts Aussergewöhnliches, Streiks gehören routinemässig zur Arbeitswelt um die Interessen der Angestellten zu wahren (dass Gewerkschaftsbosse all zu oft ihre eigenen darunter verstehen steht auf einem anderen Blatt). „Heisser Streik-Sommer in Frankreich: nach den Piloten folgen die Stewards“ weiterlesen

Francois Hollande nach den Attentaten von Paris: Der Brandstifter als Biedermann

Kaum waren am vergangenen Freitag die Explosionen in der Pariser Innenstadt verhallt, da trat der französische Präsident Hollande vor die Kameras und forderte alle Demokraten auf, „die Reihen zu schließen und in dieser schweren Stunde zusammenzustehen“.

Hollandes Auftritt war ein klassisches Beispiel dafür, wie ein Brandstifter nach einer selbst gelegten Feuersbrunst als Biedermann auftritt. Schließlich war es seine Politik, die entscheidend dazu beigetragen hat, den Boden für die Terroranschläge in Paris zu bereiten. „Francois Hollande nach den Attentaten von Paris: Der Brandstifter als Biedermann“ weiterlesen

Warum sind Russland und China (und der Iran) vorrangige Feinde der herrschenden Elite der Vereinigten Staaten von Amerika?

Ist es nicht merkwürdig, dass die vorrangigen Feinde der Vereinigten Staaten von Amerika noch immer Russland und China sind, obwohl der Kalte Krieg schon lange vorbei ist? Das ist eine gute Frage, über die man angesichts Vladimir Putins Besuch bei Xi Jinping in Peking nachdenken sollte.

Es besteht kein Zweifel, dass Russland und China in den Augen der imperialen Elite der Vereinigten Staaten von Amerika diesen Paria-Status innehaben. In den letzten Monaten haben wir gesehen, wie die Vereinigten Staaten von Amerika versucht haben, Russland nach Osten zu stoßen und auseinanderzureißen. Zur gleichen Zeit durchquerte Obama Ostasien und versuchte, eine antichinesische militärische und wirtschaftliche Allianz im Westpazifik mit Japan als Angelpunkt zusammenzuheften. „Warum sind Russland und China (und der Iran) vorrangige Feinde der herrschenden Elite der Vereinigten Staaten von Amerika?“ weiterlesen

Winter in Grossbritannien: Tod durch Kälte, Alter und Armut um ein Drittel höher

Zweiunddreissig Prozent mehr Todesfälle infolge der Kälte gegenüber der durchschnittlichen Sterberate der letzten fünf Jahre in diesem Winter, der gerade erst seinen Höhepunkt erreicht hat.

Das britische Amt für Statistik hat erschreckende Zahlen über Opfer des diesjährigen Winters veröffentlicht: 28800. Hinter jeder der erfassten nüchteren Ziffern steht ein Mensch, der oft allein gelassen wurde, sei es eine aus der Gesellschaft ausgeschlossene Person wie ein Obdachloser oder einsame ältere Menschen. „Winter in Grossbritannien: Tod durch Kälte, Alter und Armut um ein Drittel höher“ weiterlesen