Heute vor 90 Jahren wurde der Mörder-Konzern IG Farben gegründet (Anm.d.R.: 2.12.15). Zu diesem Anlass veröffentlichen wir einen Artikel des Historikers Dr. Reiner Zilkenat zum Nürnberger IG Farben-Prozess.
Ende November 1945 wurden 23 Manager der IG Farben AG verhaftet. Dank ihrer Behauptung, nur unter dem Druck der Nazis gehandelt zu haben, erhielten sie milde Strafen und bekleideten bald hohe Ämter in der Bundesrepublik
In den letzten Novembertagen des Jahres 1945 verhafteten alliierte Militärs zahlreiche Topmanager der IG Farbenindustrie AG und überführte insgesamt 23 von ihnen in das Verhörzentrum für Kriegsverbrecher auf Schloss Kransberg im Taunus. Zugleich begannen die Vorbereitungen eines Prozesses, in dem die führenden Repräsentanten dieses Konzerns wegen folgender Verbrechen angeklagt wurden: Planung, Vorbereitung, Einleitung und Durchführung von Angriffskriegen sowie Invasionen gegen andere Länder; Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit und in diesem Zusammenhang: Teilhabe an der Versklavung von Menschen in besetzten Gebieten sowie an ihrer Misshandlung, Folterung und Ermordung, einschließlich der Organisation von Zwangsarbeit; Mitgliedschaft einiger Angeklagter in einer verbrecherischen Organisation, der SS; Beteiligung an einer Verschwörung, um Verbrechen gegen den Frieden zu begehen. „„Gefangene Hitlers““ weiterlesen
BAYERs Wiedergeburt
1945 keine Zäsur
In diesem Jahr kann BAYER das 150-jährige Bestehen feiern. Danach sah es 1945 nicht aus. Die Alliierten betrachteten die deutschen Unternehmen nämlich als willige Helfer der Nazis. Und „härter als alle anderen trat die IG FARBEN auf“, urteilten sie über den vom Leverkusener Multi mitgegründeten Mörder-Konzern. Im Potsdamer Abkommen verständigte sich die Anti-Hitler-Koalition deshalb auf „die totale Zerstörung der gesamten deutschen Rüstungsindustrie und die Beseitigung oder Zerstörung sonstiger Schlüsselindustrien, die die Grundlage der Wehrkraft sind“. Aber es sollte anders kommen: Für den BAYER-Konzern schlug keine Stunde Null, bald schon wieder galt „Business as usual“.
Von Jan Pehrke
1945 kam die nationalsozialistische Diktatur zu ihrem Ende. Und das hätte eigentlich auch das Ende für BAYER und die anderen Konzerne bedeuten müssen, die 1925 die IG FARBEN gegründet hatten. Diese Gesellschaft bildete nämlich das industrielle Rückgrat des deutschen Faschismus. So erstellte sie die Blaupause für den Vierjahresplan, mit dem Hitler & Co. die Wirtschaft wehrtüchtig machten. Als es dann 1939 soweit war, konnte das Unternehmen die Armee fast alleine ausstatten. Zudem betätigten sich Beschäftigte der Auslandsniederlassungen als Spione und fertigten Karten-Material für Bombenangriffe an. An der Vernichtungspolitik wirkte die IG FARBEN ebenfalls mit. Sie errichtete in unmittelbarer Nähe zu Auschwitz ein eigenes Werk, um Zugriff auf ZwangsarbeiterInnen zu haben, während ihre Tochter-Firma DEGESCH den FaschistInnen mit dem Zyklon B die Mordwaffe bereitstellte. „Sollte es zu Wirtschaftsklagen kommen, würde das Material den Verteidigern den Schlaf rauben“, schwante deshalb dem IG-Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler1. „BAYERs Wiedergeburt“ weiterlesen
Warum der Aufstieg des Faschismus wieder Thema ist
Der kürzliche 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz war eine Erinnerung an das große Verbrechen des Faschismus, dessen Nazi-Ikonographie tief in unserem Bewusstsein liegt. Faschismus ist konserviert als Geschichte, als flimmernde Filmstreifen mit Schwarzhemden im Stechschritt, ihre Kriminalität furchtbar und offensichtlich. Jedoch, in denselben liberalen Gesellschaften, deren Krieg-führende Eliten uns drängen, nie zu vergessen, wird die sich beschleunigende Gefahr einer modernen Art des Faschismus unterdrückt; denn es ist ihr Faschismus.
„Einen Aggressionskrieg zu beginnen …“ sagten 1946 die Richter des Nürnberger Tribunals , „ist nicht nur ein internationales Verbrechen, es ist das schlimmste internationale Verbrechen, es unterscheidet sich von anderen Kriegsverbrechen darin, dass es in sich das angehäufte Böse des Ganzen enthält.“ „Warum der Aufstieg des Faschismus wieder Thema ist“ weiterlesen
An der finsteren Seite arbeiten
Vor zehn Jahren wurden Fotos von der Kreuzigung – und schlimmere – der amerikanischen Öffentlichkeit zugänglich. Die Medien bezeichnen es noch immer als „den Abu Ghraib-Skandal,“ als ob die unangenehmen Auswirkungen auf das Team Bush den hauptsächlichen Schrecken der Folterfotos ausgemacht hätten.
Niemand spricht vom „Auschwitz-Skandal.” Die Tiefe unserer moralischen Verkommenheit muss erst noch ausgelotet werden.
Zehn Jahre später … der Mann mit dem Sack über dem Kopf, mit ausgestreckten Armen und Elektroden an seinen Fingern besucht wieder das nationale Gewissen. „An der finsteren Seite arbeiten“ weiterlesen
Die Chronik des Neoliberalen Irrsinns – Oktober 2010
Das Jahr 2010 neigt sich seinem Ende zu und allmählich verklärt sich der Blick auf das Vergangene. Damit aber das weihnachtliche Vergeben und Vergessen nicht allzu großzügig ausfällt, hat der Politologe und Philosoph Egbert Scheunemann auch in diesem Jahr mit seiner „Chronik des neoliberalen Irrsinns“ eine sowohl subjektive wie informative Jahres-Chronik erstellt, die Radio Utopie in monatlichen Kapiteln dokumentiert. Nicht alle Meinungen und Auffassungen des Autors müssen dabei mit denen der Redaktion übereinstimmen.
Die ersten fünf Jahre der „Chronik des Neoliberalen Irrsinns“ (2003-2008) sind bereits als Buch erschienen. Die Chronik 2010 ist hier im Original als PDF zu lesen. „Die Chronik des Neoliberalen Irrsinns – Oktober 2010“ weiterlesen