Polizeigesetz Baden-Württemberg: Erneute Verschärfung?

Autor: Alexander Kleiß

Unendlichkeitshaft, Onlinedurchsuchung, DNA-Analysen und Ausweitung der Schleierfahndung

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wird das Polizeigesetz in Baden-Württemberg zur Zeit kontinuierlich verschärft. Nach einer sehr einschneidenden Verschärfung vor gerade einmal 14 Monaten plant der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) nun einen weiteren Abbau von Bürgerrechten. Während die letzte Gesetzesänderung anfangs noch mit einer „abstrakten Gefahr terroristischer Anschläge“[1] begründet wurde, wird mit der Zeit immer offensichtlicher, dass die Aufrüstung der Polizei sich auch gegen soziale Bewegungen und Migrant*innen richtet. Nicht erst mit der geplanten Verschärfung, sondern bereits im momentan geltenden Polizeigesetz liegen die Einsatzschwellen für diverse Maßnahmen, durch die grundlegende Freiheitsrechte außer Kraft gesetzt werden, sehr niedrig. Diese Maßnahmen können praktisch jede*n treffen, da die Polizei zunehmend präventiv, also ohne konkreten Verdacht, tätig wird. „Polizeigesetz Baden-Württemberg: Erneute Verschärfung?“ weiterlesen

Bündnis Brementrojaner gegen Verschärfung des Bremischen Polizeigesetzes

Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage vom 4. April 2018

Das Bremische Polizeigesetz soll verschärft werden: Das Bündnis Brementrojaner stellt sich dem entgegen. Kein weiterer Abbau von Grundrechten!

In Bremen treibt die rot-grüne Landesregierung im Eiltempo und ohne gesellschaftliche Debatte eine folgenschwere Änderung des Bremischen Polizeigesetzes voran. Der Senator für Inneres hat einen entsprechenden Gesetzentwurf am 15. Dezember 2017 vorgelegt. Er sieht gravierende rechtsstaatliche, grund- und datenschutzrechtliche Eingriffe vor.

Seit der ersten öffentlichen Debatte in der Innendeputation am 10. Januar 2018 steht der Entwurf des Innensenators in der öffentlichen Kritik. Inzwischen haben die rot-grünen Koalitionspartner den Entwurf intern überarbeitet; über das Ergebnis wird wahrscheinlich am 12. April 2018 in der Innendeputation abgestimmt. Auch nach möglichen Änderungen durch die rot-grüne Koalition wird unsere grundsätzliche Kritik an der Verschärfung des Bremischen Polizeigesetzes bestehen bleiben.

Denn die Konsequenzen sind:
• weitreichender Ausbau staatlicher Videoüberwachung im öffentlichen Raum
• Einführung von „elektronischen Fußfesseln“ zur lückenlosen Aufenthaltskontrolle mutmaßlicher „Gefährder“ – also von Menschen, die nicht etwa Straftaten begangen haben, sondern denen solche aufgrund bestimmter Anhaltspunkte lediglich zugetraut werden
• massive Ausweitung der polizeilichen Überwachung elektronischer Kommunikation mittels Computern und Smartphones, insbesondere durch heimlich eingeschleuste Schadsoftware („Staatstrojaner“)

Das Bündnis Brementrojaner ist ein Zusammenschluss verschiedener zivilgesellschaftlicher und politischer Gruppen und Personen. Wir lehnen die geplante massive Überwachung und die damit einhergehenden gravierenden Grundrechtseingriffe entschieden ab. Die vorgeblich notwendigen Sicherheitsverschärfungen sind unverhältnismäßig und widersprechen rechtsstaatlichen Prinzipien. Susanne Wendland, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft (parteilos) und Sprecherin für das Bündnis: „Es geht um unsere freiheitlich demokratische Grundordnung. Um unsere Freiheits- und Grundrechte, die angegriffen werden. Schlimmer noch: Sie werden ignoriert. Um uns vorzugaukeln, wir hätten die terroristische Gefahr im Griff. Sicherheitsfolklore nenne ich das, die zu nichts taugt. Deswegen lehnen wir als Bündnis die geplante Gesetzesverschärfung vollständig ab.“

Die geplante Erweiterung von Videoüberwachung ist nicht hinzunehmen. „Bereits jetzt ist Videoüberwachung in Bremen weit verbreitet, obwohl ein entsprechender Nutzen nicht nachgewiesen ist“, sagt Bündnissprecherin Maike Schmidt-Grabia von Digitalcourage e.V. Bremen „Noch mehr Kameras werden unsere Freiheit weiter einschränken. Denn wer beobachtet wird, ist nicht frei.“

Mit dem Argument der Terrorismusabwehr sollen der Polizei weitreichende Grundrechtseingriffe auch in unser aller Privat- und Intimsphäre ermöglicht werden. Rolf Gössner, Internationale Liga für Menschenrechte und Bündnissprecher: „Der Bremer Gesetzentwurf reiht sich mit besonders eingriffsintensiven Polizeibefugnissen in eine bundesweite Entwicklung ein, mit der mühsam errungene Grund- und Freiheitsrechte abermals massiv eingeschränkt werden, um vermeintlich mehr Sicherheit zu erreichen. Insgesamt ein weiterer, verfassungsrechtlich hoch problematischer Schritt in Richtung präventiver Sicherheitsstaat.“

Eingeschränkt werden die Freiheitsrechte u.a. durch das heimliche Einschleusen von „Staatstrojanern“ in Computer und Smartphones. Der Staatstrojaner zerstört das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von IT-Systemen. Dazu sagt Bündnissprecher Aaron Lye vom Forum Informatiker_Innen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF): „Eingriffe in Rechnersysteme als Ermittlungsinstrument stellen strukturelle Gefahren für IT-Systeme und damit letztendlich für uns alle dar. Denn sie öffnen Missbrauch und gefährlichen Attacken Tür und Tor.“

Das Bündnis Brementrojaner verurteilt zudem die Art und Weise, wie der Gesetzentwurf möglichst lautlos durch das Gesetzgebungsverfahren gedrückt werden soll. Eine öffentliche parlamentarische Anhörung von Sachverständigen – wie etwa in Hessen – fand bisher nicht statt. Susanne Wendland (MdBB): „Es ist vollkommen unverständlich, dass eine rot-grüne Regierungskoalition solche tiefgreifenden Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte plant, ohne zuvor eine breite öffentliche Debatte in der Gesellschaft geführt zu haben.“

Das Bündnis Brementrojaner fordert die regierenden Parteien dazu auf, den laufenden Gesetzgebungsprozess für das Bremische Polizeigesetz abzubrechen.

Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren!

Desinformation am Bahnhof Südkreuz – Innenministerium kann Vorwürfe von Digitalcourage nicht entkräften

Pressemitteilung von Digitalcourage vom 23.08.2017

Das Bundesministerium des Inneren hat mit einer Stellungnahme auf die Vorwürfe von Digitalcourage reagiert – kann sie jedoch im Kern nicht entkräften. Ein Sprecher des Vereins wird am morgigen Donnerstag, 24. August am Bahnhof Südkreuz sein, parallel zum angekündigten Ministertermin. „Desinformation am Bahnhof Südkreuz – Innenministerium kann Vorwürfe von Digitalcourage nicht entkräften“ weiterlesen