Die USA und Israel als Groß- und Kleinpreußen

Als Kind war ich ein großer Bewunderer Israels.* Ich habe 1973 ein Sammelalbum über den Jom-Kippur-Krieg geführt. Damals war Israel Amerikas tapferer Verbündeter, David gegen Goliath, und half, den sowjetischen Bären in Schach zu halten, so schien es mir.

In den Augen eines Kindes war Israel 1973 eine Insel, die scheinbar von einem Meer gut bewaffneter Feinde umringt war: Ägypten, Syrien, Irak, Jordanien, Saudi-Arabien. Unterlegen und unterbewaffnet. „Die USA und Israel als Groß- und Kleinpreußen“ weiterlesen

„Nicht genug!“

Der Staat Israel hat keine Ölquellen. Er hat keine Goldminen. Was hat er stattdessen? Er hat die Eigentümerschaft am Holocaust.

Die ist eine Menge wert. Jeder, der sich von einem Schmutzfleck reinigen will, braucht eine Reinigung davon durch den Staat Israel. Ein solches Dokument ist sehr viel wert. Und je größer die Schuld des Bewerbers, umso höher der Preis für die Lossprechung.

Woran erinnert uns das? „„Nicht genug!““ weiterlesen

Das hüpfende Parlament

ALS ICH vor Jahren Abgeordneter in der Knesset war, beschloss ich einmal, eine Demonstration im Plenarsaal zu veranstalten.

Ich zog ein T-Shirt mit der Aufschrift: „Frieden ist größer als Groß-Eretz Israel“ an. Mitten in der Debatte zog ich mein Jackett aus und zeigte die Aufschrift.

Ein paar Minuten darauf näherte sich mir ein Amtsdiener und sagte höflich: „Der Parlamentspräsident würde gerne in seinem Büro mit Ihnen sprechen.“

Der Parlamentspräsident war Jitzchak Schamir, der früher Kommandant der terroristischen Lehi-Untergrundorganisation gewesen war. Er empfing mich mit einem breiten Lächeln, bot mir einen Platz an und sagte: „Uri, du hast nun deine Demonstration gehabt. Bitte zieh jetzt das T-Shirt aus und geh an deinen Platz zurück!“ Das tat ich natürlich. „Das hüpfende Parlament“ weiterlesen

Eins, zwei – freut euch!

IN DIESEM Jahr war der Unabhängigkeitstag – am letzten Dienstag – keine sehr fröhliche Angelegenheit.

Ich erinnere mich an die ersten Unabhängigkeitstage gleich nach der Gründung des Staates Israel. Da gab es spontanen Jubel, wir waren alle auf der Straße und haben wirklich gefeiert.

Das ist lange her. Der Feiertag in diesem Jahr war gedämpft, sogar traurig. Veteranen hatten das Gefühl, „das ist nicht mehr unser Staat“, „sie haben Israel gestohlen“. Mit „sie“ meinen sie die Rechtsgerichteten. „Eins, zwei – freut euch!“ weiterlesen

Was Israel in Jerusalem vor hat

Anmerkung der Redaktion: der folgende Beitrag wurde im Oktober 2015 auf antiwar.com veröffentlicht.

Wieder einmal herrscht in Israel eine Atmosphäre des Kriegs. Im Fernsehen gibt´s den ganzen Tag nichts als messerstechende, steinewerfende, brandstiftende Palästinenser; die Aufnahmen werden bis zum Gehtnichtmehr wiederholt, und eine Sekunde vor dem Erbrechen werden Erinnerungen an frühere Intifadas gesendet, um die aktuellen Ereignisse in den richtigen historischen Zusammenhang zu rücken. Der Saftverkäufer sagte zu mir: „Es war schon immer so: immer töten sie uns. Erster Tempel, Zweiter Tempel, die Kreuzzüge, der Holocaust, und jetzt das.“ (Er war von den Socken, als ich wissen wollte, wohin die Amalekiter verschwunden sind, wer es war, der sie getötet hat.) Wir haben jetzt auf der einen Seite mit Messern und Steinen bewaffnete Palästinenser – nicht einmal Bomben und Schusswaffen haben sie mehr – und eine regionale atomare Supermacht, darüber hinaus einen der größten Waffenexporteure der Welt, und es liegt auf der Hand, dass letztere das Opfer ist. Wenn die Götter eine Nation zerstören wollen, dann schlagen sie sie zuerst mit Blindheit. „Was Israel in Jerusalem vor hat“ weiterlesen

Ich war dort

„BITTE, SCHREIBE nicht über Yair Golan:“ bat mich ein Freund, „irgend ein Linker wie du wird ihn nur verletzten.

Also verzichtete ich einige Wochen. Aber nun konnte ich nicht mehr still bleiben.

General Yair Golan, der Vertreter des Generalstabschef der israelischen Armee hielt am Holocaust-Gedenktag eine Rede. Er trug seine Armee-Uniform. Er las eine gut vorbereitete Rede, die einen Aufruhr verursachte, der noch nicht abgeklungen ist.

Dutzende von Artikeln sind veröffentlicht worden, einige verurteilen ihn, einige lobten ihn. Es scheint, dass keiner gleichgültig sein konnte. „Ich war dort“ weiterlesen

Der Mufti

Fortsetzung des Artikels „Adolf, Amin und Bibi

EINIGE MEINER Freunde haben sich bei mir beklagt, mein letzter Artikel enthalte eine terminologische Ungenauigkeit, so hätte es jedenfalls Churchill ausgedrückt.

Ich habe geschrieben, dass beim Hitler-Husseini-Treffen die Juden nicht erwähnt worden wären. Das ist eine grobe Übertreibung. Jeder, der auch nur irgendetwas über Hitler weiß, weiß auch, dass der „Führer“ nicht drei Sätze äußern konnte, ohne dass er die Juden erwähnt hätte (das ist wieder eine grobe Übertreibung). „Der Mufti“ weiterlesen

Adolf, Amin und Bibi

ES IST nicht sehr erfreulich, wenn ernste Leute in aller Welt – Historiker, Psychiater, Diplomaten – sich fragen, ob mein Ministerpräsident seine Sinne psychisch noch beieinander hat.

Doch dies geschieht jetzt. Und nicht nur im Ausland. Immer mehr Leute in Israel stellen sich dieselbe Frage.

All dies wurde durch einen Vorfall ausgelöst. Aber die Leute schauen jetzt viele andere Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart in einem neuen Licht.

Bis jetzt wurden viele seltsame Handlungen und Äußerungen von Benjamin Netanjahu als Manipulationen eines schlauen Politikers, eines talentierten Demagogen angesehen, der die Seele seiner Wähler kennt und sie mit entsprechend reichlich Lügen versorgt.

Nicht mehr. Ein beunruhigender Verdacht geht um: dass unser Ministerpräsident ernsthafte psychische Probleme hat.

ALLES BEGANN vor zwei Wochen, als Netanjahu vor einer weltweiten zionistischen Versammlung eine Rede hielt. Was er sagte, war schockierend. „Adolf, Amin und Bibi“ weiterlesen

Ein Junge namens Bibi

ES GIBT zwei unterschiedliche Meinungen über Benjamin Netanjahu. Kaum zu glauben, dass es sich dabei um dieselbe Person handelt.

Eine Meinung ist, dass Netanjahu ein geistloser Politiker sei, der weder Ideen noch Überzeugungen habe und der einzig und allein von der Idee besessen sei, an der Macht zu bleiben. Dieser Netanjahu hat eine gute Stimme und besonderes Talent für geistlose Reden im Fernsehen. Diese Reden entbehren jeden gedanklichen Inhalts – und das war’s dann. „Ein Junge namens Bibi“ weiterlesen

Warum der Aufstieg des Faschismus wieder Thema ist

Der kürzliche 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz war eine Erinnerung an das große Verbrechen des Faschismus, dessen Nazi-Ikonographie tief in unserem Bewusstsein liegt. Faschismus ist konserviert als Geschichte, als flimmernde Filmstreifen mit Schwarzhemden im Stechschritt, ihre Kriminalität furchtbar und offensichtlich. Jedoch, in denselben liberalen Gesellschaften, deren Krieg-führende Eliten uns drängen, nie zu vergessen, wird die sich beschleunigende Gefahr einer modernen Art des Faschismus unterdrückt; denn es ist ihr Faschismus.

„Einen Aggressionskrieg zu beginnen …“ sagten 1946 die Richter des Nürnberger Tribunals , „ist nicht nur ein internationales Verbrechen, es ist das schlimmste internationale Verbrechen, es unterscheidet sich von anderen Kriegsverbrechen darin, dass es in sich das angehäufte Böse des Ganzen enthält.“ „Warum der Aufstieg des Faschismus wieder Thema ist“ weiterlesen