Napoleons Kanonen

NAPOLEON KAM in eine deutsche Stadt und wurde nicht mit den traditionellen Artillerie-Salven empfangen.

Wütend ließ er den Bürgermeister kommen und verlangte eine Erklärung.

Der Deutsche zog eine lange Papierrolle hervor und sagte: „Ich habe eine Liste von 99 Gründen. Grund Nummer 1 ist: Wir haben keine Kanonen.“

„Das genügt“, unterbrach ihn Napoleon. „Sie können nach Hause gehen!“

AN DIESE Geschichte musste ich denken, als ich vor etwa zwei Wochen Jitzchak Herzogs 10-Punkte-Friedensplan las. „Napoleons Kanonen“ weiterlesen

Ein Tag- und Nacht-Albtraum

BENJAMIN NETANJAHU scheint inzwischen von allen verabscheut zu werden. Fast ebenso sehr wie seine sich ständig einmischende Ehefrau Sarah’le.

Vor sechs Wochen noch war Netanjahu der große Sieger. Im Gegensatz zu den Meinungsumfragen errang er im letzten Augenblick einen Überraschungssieg, gewann 30 von den 120 Knesset-Sitzen und ließ die Arbeitspartei (umgenannt in „Zionistisches Lager“) weit hinter sich.

Die zusätzlichen Sitze kamen nicht von der Linken. Sie kamen von seinen nächsten Konkurrenten, den rechten Parteien.

Jedenfalls war es ein großer persönlicher Triumph. Netanjahu war voll überschwänglicher Freude. Sarah’le strahlte. Netanjahu ließ keinen Zweifel daran, dass er nun der Meister und entschlossen sei, alles seinen Wünschen gemäß zu regeln. „Ein Tag- und Nacht-Albtraum“ weiterlesen

Eine kostspielige Rede

WINSTON CHURCHILL sagte bekanntlich: Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.

Alle, die etwas mit politischem Leben zu tun haben, wissen, dass das britisches Understatement ist.

Churchill sagte auch, das beste Argument gegen Demokratie sei ein fünfminütiges Gespräch mit einem Durchschnittswähler. Wie wahr.

Ich habe 20 Wahlkämpfe für die Knesset miterlebt. In fünf davon war ich Kandidat, in drei davon wurde ich gewählt.

Als Kind habe ich auch drei Wahlkämpfe in den Sterbetagen der Weimarer Republik miterlebt und eine (die letzte mehr oder weniger demokratische), nachdem die Nazis an die Macht gekommen waren.

(Die Deutschen damals waren sowohl in politischer als auch in kommerzieller grafischer Propaganda sehr gut. Nach mehr als 80 Jahren erinnere ich mich noch an ihre Wahlplakate.) „Eine kostspielige Rede“ weiterlesen

Flaschenpost

JEDER WEISS, worum es in den Wahlen in Israel geht.

Die Entscheidung ist krass: auf der einen Seite der Traum von einem Großisrael „vom Meer bis zum Fluss“, das in der Praxis ein Apartheids-Staat wäre, auf der anderen Seite ein Ende der Besetzung und Frieden.

Einige würden hinzufügen: und eine soziale Entscheidung. Auf der einen Seite der jetzt vorhandene neoliberale Staat mit der weitestreichenden Ungleichheit in der industrialisierten Welt und auf der anderen Seite ein sozialer und demokratischer Staat der sozialen Solidarität. „Flaschenpost“ weiterlesen