Der Spielverderber

BENJAMIN NETANjAHU‭ ‬erweckte mein Mitleid.‭ ‬Aus meiner‭ ‬10‭ ‬jährigen‭ ‬Mitgliedschaft in der Knesset weiß ich,‭ ‬wie unerfreulich es ist,‭ ‬vor einem leeren Saal zu sprechen.

Seine ewig gestrigen Genossen‭ – ‬ein pathetischer Rest von Casinobesitzern und ausgebrannter Zionisten des rechten Flügels‭ – ‬saßen‭ ‬auf der Galerie,‭ ‬und eine aufgeblasene israelische Delegation‭ ‬saß im Saal.‭ ‬Doch unterstrichen sie nur die allgemeine Leere.‭ ‬Deprimierend. „Der Spielverderber“ weiterlesen

Brief an Frau Anne Will

Sehr geehrte Frau Will,

gestern habe ich Ihre Sendung zum Thema „Allahs Krieger im Westen – wie gefährlich sind radikale Muslime“ gesehen und fühle mich als Forscher und Autor im Bereich des Völkerrechts und Terrorismus gezwungen, einige Zeilen an Sie zu richten. Ich komme aus einem jüdischen Elternhaus; meine Eltern stammen aus Deutschland und konnten sich Gott sei Dank vor dem Dritten Reich in Sicherheit bringen. „Brief an Frau Anne Will“ weiterlesen

Nein, wir können nicht!

EIN BOTSCHAFTER‭ ‬ist ein ehrenwerter Mann,‭ ‬der ins Ausland gesandt wird,‭ ‬um dort zum Besten seines Landes zu lügen,‭ ‬schrieb ein britischer‭ ‬Staatsmann vor etwa‭ ‬400‭ ‬Jahren.‭ ‬Das trifft natürlich auf alle Diplomaten zu.
Die Frage ist nur,‭ ‬ob der Diplomat nur gegenüber anderen lügt‭ – ‬oder auch zu sich selbst.

Ich frage das in diesen Tagen,‭ ‬während ich die mühsamen Bemühungen von John Kelly,‭ ‬dem neuen amerikanischen Außenminister,‭ ‬verfolge,‭ ‬um einem israelisch-arabischen‭ „‬Friedensprozess‭“ ‬in Gang zu bringen. „Nein, wir können nicht!“ weiterlesen

Die Russen kamen

ALS UNS die große Einwanderungswelle um 1990 aus der Sowjetunion erreichte, waren wir froh.

Zunächst, weil wir glauben, dass jede Einwanderung für das Land gut sei. Ich bin davon überzeugt, dass dies für alle Länder der Fall ist.
Zweitens, weil wir überzeugt waren, dass diese spezielle Gruppe von Immigranten unser Land in die richtige Richtung stoßen würde.
Diese Leute – so sagten wir uns – sind 70 Jahre lang in einem international eingestellten Geist erzogen worden. Sie haben gerade eine grausame Diktatur gestürzt. Sie müssen begeisterte Demokraten sein. Viele von ihnen sind keine Juden, sondern nur Verwandte (manchmal entfernte Verwandte) von Juden. „Die Russen kamen“ weiterlesen

„Rund um uns wütet der Sturm…“

„RUND UM uns wütet der Sturm/ Aber unser Haupt wird sich nicht beugen…“ sangen wir, als wir jung waren, bevor der Staat Israel geboren wurde.

Am Vorabend von Israels 65.Geburtstag am kommenden Dienstag könnten wir dieses erhebende Lied wieder singen. Und nicht nur aus nostalgischen Gründen.
Rund um uns toben viele Stürme. In Syrien reißt ein schrecklicher Bürgerkrieg das Land auseinander. In Ägypten ist das Land nach dem Sieg des Arabischen Frühlings noch immer im Aufruhr. Der libanesische Staat ist immer noch unfähig, seine Autorität bei bewaffneten Gruppierungen durchzusetzen, und dasselbe gilt für den Irak. Der Iran ist eifrig damit beschäftigt, seine Atombombe zu bauen, während er finstere Drohungen ausstößt. „„Rund um uns wütet der Sturm…““ weiterlesen

Die Rede, die nicht gehalten wurde

Vorbemerkung: Ich schrieb diesen Text am Mittwoch, einen Tag vor Obamas Rede in Jerusalem. Wie sich herausstellte, kam ich näher an seine aktuelle Rede, als ich hoffte. Diese Passagen sind fast identisch. Einige Leser wollen vielleicht die Texte vergleichen, um zu sehen, was er ausgelassen hat.

LIEBE BÜRGER Israels,

Ich habe das Gefühl, ich muss direkt zu euch sprechen, und besonders zu den jungen jüdischen Leuten unter euch, um euren Verstand zu erreichen und eure Herzen zu berühren.
Um dies zu tun, verzichtete ich auf die große Ehre, in eurer Knesset zu sprechen, wie meine Vorgänger es getan haben. Die Knesset ist – wie alle Parlamente – aus Politikern zusammengesetzt, aber dieses Mal möchte ich direkt zu euch sprechen. „Die Rede, die nicht gehalten wurde“ weiterlesen

Können zwei zusammengehen?

„VERGLICHEN MIT der Knesset, wie sie hätte sein können, ist diese eine sehr gute Knesset!“

Dies hörte ich von mindestens zehn früheren Knesset-Mitgliedern und anderen als wir im Knesset-Foyer noch Orangensaft tranken. Ich könnte es auch selbst gesagt haben (und tat es wahrscheinlich).
Es war die Eröffnungssitzung der neuen Knesset, und frühere Mitglieder wurden zu einem Empfang mit den neuen eingeladen. Dann saßen wir im Plenum. „Können zwei zusammengehen?“ weiterlesen

Unterstützt die SPD die „Judaisierung“ der Negev-Wüste?

An den Parteivorstand der SPD
Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin

Unterstützt die SPD die „Judaisierung“ der Negev-Wüste?

Mit großer Enttäuschung hat die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ vom Beschluss der SPD erfahren, eine Spendenkampagne zugunsten des Jüdischen Nationalfonds (JNF) / „Keren Kajemet le Jisrael“ (KKL) zu starten, welche dazu beitragen soll, in der Negev-Wüste einen „Wald der SPD“ zu pflanzen (1). „Unterstützt die SPD die „Judaisierung“ der Negev-Wüste?“ weiterlesen

Divide et Impera

WAS IST mit der israelischen sozialen Protestbewegung geschehen?

Eine gute Frage. Sie wird nicht nur im Ausland, sondern auch in Israel gestellt.

Im letzten Jahr erreichte die Bewegung ihren Höhepunkt in einer gigantischen Demonstration. Hunderttausende marschierten durch Tel Aviv. „Divide et Impera“ weiterlesen

Israelischer Senf

ES IST eine wahre Geschichte. Ich hab sie schon einmal erzählt und werde sie noch einmal erzählen.

Einer meiner Freunde in Warschau, dessen einer Elternteil jüdisch war, riet einem wohl bekannten polnischen Journalisten, Israel zu besuchen, um es selbst zu erleben.

Als der Journalist zurückkam, rief er meinen Freund an und berichtete atemlos: „Weißt du, was ich entdeckt habe? In Israel gibt es auch Juden!“

Er meinte natürlich die Orthodoxen mit ihrer schwarzen Kleidung und mit ihren schwarzen Hüten, die wie die Juden aussehen, die sich ins polnische Gedächtnis eingeprägt hatten. „Israelischer Senf“ weiterlesen