Konversion rückwärts: Wiederaufrüstung in Baden-Württemberg

Autor: Alexander Kleiß

2010 war die Neuausrichtung der Bundeswehr beschlossen worden, welche unter anderem die Aussetzung der Wehrpflicht und eine deutliche Reduzierung des Streitkräfteumfangs beinhaltete. 2011 folgte das entsprechende Stationierungskonzept: Der Personalumfang sollte allein in Baden-Württemberg um mehr als 10.000 Dienststellen reduziert werden. 13 Standorte sollten hier geschlossen oder signifikant reduziert werden, unter anderem der Standort Hardheim. Dadurch sollten mehrere Flächen ihren Status als militärisches Sperrgebiet verlieren. Somit stand einer Konversion zahlreicher vormals militärisch genutzter Flächen nichts mehr im Wege. Konversion ist eine Bezeichnung für die Umwidmung militärischer Liegenschaften für zivile Zwecke.

Doch nicht nur Flächen, die vorher durch die Bundeswehr genutzt wurden, hatten die Perspektive auf eine zivile Nutzung. Auch die US-Armee hatte bekannt gegeben, einige zuvor militärisch genutzte Flächen aufgeben zu wollen, was vor allem den Raum Mannheim / Heidelberg betraf. Die Stadt Mannheim richtete 2010 eine Geschäftsstelle „Konversion“ ein, um die Überführung in die zivile Nutzung zu koordinieren.

Konversion kann für die von Standortschließungen betroffenen Gemeinden und Städte durchaus auch wirtschaftlich positive Effekte haben. Eine Studie aus dem Jahr 2010, die über 100 Regionen, in denen Bundeswehrstandorte geschlossen wurden, untersucht, kommt zu dem Ergebnis, dass die Schließung von Bundeswehrstandorten keinen signifikant negativen Einfluss auf die sozioökonomische Situation in der Umgebung hatte: „[…] in Deutschland hatten Standortschließungen kaum Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft. Standortschließungen, die als Teil der Modernisierung der Bundeswehr ab 2003 umgesetzt wurden, hatten keinen signifikanten sozioökonomischen Effekt auf die umliegenden Gemeinden.“ Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Militärstützpunkten auf die Umgebung würden überschätzt. Außerdem habe die Konversion der militärischen Liegenschaften äußerst positive Einflüsse auf die Umgebung gehabt: „Durch die Konversion und die Folgenutzung dieser Militärbasen wurden neue Arbeitsplätze geschaffen und diejenigen, die ihre Stelle verloren hatten, konnten oft neu beschäftigt werden, was die negativen Auswirkungen von Standortschließungen abschwächt. Diese neuen (zivilen) Entwicklungsprojekte erzeugen voraussichtlich einen substanziellen Anstieg an Steueraufkommen […]“.

Wie oben beschrieben standen die Zeichen 2010 bis 2012 auf Konversion. Mittlerweile ist ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Sowohl das deutsche als auch das US-amerikanische Verteidigungsministerium revidierten Entscheidungen in Fällen, in denen Konversion vorgesehen war. Aufgegebene Flächen werden wieder in Betrieb genommen, Konversions- und Standortschließungsprozesse werden verzögert und nun sollen sogar bisher zivile Flächen künftig militärisch genutzt werden.

Dieser aktuelle Trend lässt sich mit dem neu einzuführenden Begriff „Gegenkonversion“ beschreiben.

Hier die ganze Studie zum Download

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
2. KSK-Standort Calw und die Suche nach einem neuen Absprunggelände
3. Carl-Schurz-Kaserne in Hardheim
4. Coleman-Areal in Mannheim
5. Fazit
Anmerkungen

Die 16seitige Studie kann auch als Zehnerpack zum Selbstkostenpreis (10 Euro inkl. Porto) bestellt werden: imi@imi-online.de

Veröffentlichung am 19. März 2018 auf Informationsstelle Militarisierung e.V.

Die HSH und der Hedgefonds Cerberus

Ein Lehrstück über Moral und Kompetenz in der deutschen Politik

Am Mittwoch verkündeten der Hamburger Senat und die schleswig-holsteinische Landesregierung, dass die skandalträchtige HSH Nordbank verkauft wird. Der Deal wird den Steuerzahler nicht nur mindestens 13 Mrd. Euro kosten, er wirft auch ein grelles Schlaglicht auf die Moral und die Sachkompetenz der politischen Elite in Deutschland.

Beim Hamburger Senat handelt es sich seit 2015 um eine Koalition aus SPD und Grünen, die schleswig-holsteinische Landesregierung wird seit 2017 von der CDU, den Grünen und der FDP gestellt. Alle vier Parteien waren sich in dieser Woche darin einig, die HSH Nordbank an ein Konsortium angelsächsischer Investoren zu verkaufen. „Die HSH und der Hedgefonds Cerberus“ weiterlesen

Nordkorea ‚sehr willig‘, Gespräche mit den USA zu führen

Weißes Haus: Nordkorea muss sich zur atomaren Abrüstung verpflichten

Die jüngste nordkoreanische Delegation in den Süden hat die Bereitschaft des Landes bekräftigt, die Diplomatie fortzusetzen, und erklärt, Nordkorea sei „sehr bereit“, direkte Gespräche mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu führen.

Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat solche Gespräche vorangetrieben, indem er sagte, dass die USA und Nordkorea zu einem „frühen Zeitpunkt“ sprechen müssen, um weitere diplomatische Fortschritte zu erzielen, nachdem es bei den Olympischen Winterspielen zwischen Nord- und Südkorea einige wichtige Verbesserungen gegeben hat. „Nordkorea ‚sehr willig‘, Gespräche mit den USA zu führen“ weiterlesen

Waffenbrüder Türkei und Saudi-Arabien zeigen tiefe Verbundenheit auf Militärmesse in Riad

Hauseigene Waffenmesse in Saudi-Arbien AFED 2018 schmückt sich mit Türkei als verlässlichen V.I.P.-Partner

Deutsche Regierung und Rüstungsindustrie machen sich mit schuldig an den Kriegen, die von Saudi-Arabien geführt werden. Mit Genehmigungen der Exporte für Rüstungsgüter und technologische Entwicklungen und Zusammenarbeit in das und mit dem N.A.T.O.-Mitgliedsland Türkei, welches angeblich notwendig ist als Pufferstaat zwischen der westlichen und östlichen Welt.

Waffensysteme, die direkt auf dem Präsentierteller serviert in Saudi-Arabien offeriert werden, in denen nicht zu knapp auch deutsche Entwicklungen und Komponenten eingeflossen sind. Da gibt es keine Ausflüchte mehr. Waffenexportverbote in diktatorische Länder haben keinen Erfolg, wenn über Drittstaaten diese dort „frisch von der Presse“ angeboten werden. Die einzige richtige Konsequenz ist, die deutsche Rüstungsindustrie aufzulösen. Die Wirtschaft in unserem Land wird dadurch nicht untergehen. Von den Bürgern wird ständig Einsicht in die Notwendigkeit gefordert, dass Umstrukturierungsmassnahmen in ihren Betrieben notwendig sind. Also sind wir es gewohnt und in diesem Fall wird es volle Unterstützung geben, wenn die dafür vorgesehenen Finanzen der Regierung nicht in die Verteidigungsindustrie sondern in heimische zivile Anwendungsbereiche investiert werden. „Waffenbrüder Türkei und Saudi-Arabien zeigen tiefe Verbundenheit auf Militärmesse in Riad“ weiterlesen

Giftmord in Uganda: staatlicher finnischer Rüstungskonzern Patria unter Druck

Finnlands dubiose Geschäftspraktiken mit elektronischen Kommunikationstechnologien.

Finnlands Staatspräsident Sauli Niinistö und Verteidigungsminister Jussi Niinistö nahmen vom 16. bis 18.2.2018 an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Ein Thema war der Rüstungskontrolle gewidmet. „Verteidigungsminister Jussi Niinistö wird bilaterale Gespräche u.a. mit den Verteidigungsministern Schwedens, Frankreichs, der Niederlande, Norwegens und Litauens führen“, so die Mitteilung der Finnischen Botschaft in Berlin vom 16.2.2018.

Die beiden Repräsentanten des nordeuropäischen Landes werden sich im internen Kreis mit einigen Fragen konfrontiert gesehen haben: zu einem Mord zu unpassender Zeit und infolge dessen dem Rücktritt zweier Führungskräfte im Marketingbereich des Rüstungskonzerns Patria. „Giftmord in Uganda: staatlicher finnischer Rüstungskonzern Patria unter Druck“ weiterlesen

Frieden geht! Staffellauf 2018 gegen Rüstungsexporte

Pressemitteilung der deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) vom 12.02.2018

Vom 21. Mai bis 02. Juni 2018 findet „Frieden geht!“ statt, ein Staffellauf von Oberndorf bis Berlin gegen Rüstungsexporte und für friedliche Konfliktlösungen. Am heutigen internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten 2018 startet die Kampagne mit der Veröffentlichung der Bilder einer Foto-Aktionswoche, an der sich in der vergangenen Woche mehrere Gruppen u.a. in Berlin, Kassel und Villingen-Schwennigen beteiligt haben. „Frieden geht! Staffellauf 2018 gegen Rüstungsexporte“ weiterlesen

Koalition gegen den Frieden!

Beitrag von Tobias Pflüger und Jürgen Wagner

Die Militärpolitik im künftigen Koalitionsvertrag der Großen Koalition

Am 12. Januar 2018 hatten die Verhandler von CDU/CSU und SPD ihre Sondierungsgespräche abgeschlossen und hielten die Ergebnisse in einem Sondierungspapier fest, dessen problematische außen- und sicherheitspolitischen Aspekte leider in der anschließenden Debatte kaum eine Rolle spielten (siehe IMI-Standpunkt 2018/002). Am 7. Februar 2018 einigten sich die Parteien dann auf einen Entwurf eines Koalitionsvertrags, der wohl weitgehend identisch mit der Fassung sein dürfte, über die die SPD-Mitglieder nun wohl abstimmen werden. Vieles wurde aus dem Sondierungspapier direkt übernommen, einige Passagen abgeändert und einige kamen – logischerweise angesichts eines Umfangs von 177 (Koalitionsvertrag) zu 28 (Sondierungspapier) Seiten – neu hinzu. „Koalition gegen den Frieden!“ weiterlesen

Gegen den Frieden sondiert! Die Große Koalition zur Aufrüstung

Beitrag von Informationsstelle Militarisierung e.V. vom 17. Januar 2018

Am 21. Januar 2018 sprach sich eine Mehrheit der Delegierten beim SPD-Parteitag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU aus. Grundlage werden die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sein, über die im Vorfeld war hitzig diskutiert worden war. Während die SPD-Parteiführung das Ergebnis gesundbetete, wurde vielerorts – völlig zu Recht – argumentiert, die Sozialdemokraten hätten sich in den meisten sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen ziemlich über den Tisch ziehen lassen. Was allerdings leider in der gesamten Debatte – auch bei den Kritikern des Sondierungsergebnisses – so gut wie keine Rolle gespielt hat, waren die friedens- bzw. militärpolitischen Passagen des Sondierungspapiers. „Gegen den Frieden sondiert! Die Große Koalition zur Aufrüstung“ weiterlesen

Atomwaffen sind nicht mit unseren Werten vereinbar

IPPNW-Pressemitteilung vom 17.09.2017

Prozess gegen AbrüstungsaktivistInnen in Cochem

Die mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ärzteorganisation IPPNW hat sich im Vorfeld des Prozesses gegen neun FriedensaktivistInnen am 18. September 2017 in Cochem mit einem Appell an den Richter Gerd Michel gewandt. Die AktivistInnen waren im September 2016 in den Atomwaffenstützpunkt Büchel eingedrungen, um gegen die nukleare Teilhabe der Bundesregierung zu demonstrieren. Der IPPNW-Vorsitzende Dr. Alex Rosen erklärte in einem Brief an das Amtsgericht Cochem: „Wir setzen darauf, dass Sie mit ihrem Urteil deutlich machen, dass Atomwaffen als grausamste und zerstörerischste aller Massenvernichtungswaffen nicht mit unserem Recht und unseren Werten vereinbar sind. „Atomwaffen sind nicht mit unseren Werten vereinbar“ weiterlesen

Aufrüstung als Armutsbekämpfung

Autoren: Sabine Lösing und Jürgen Wagner

Per Rechtsbeugung in die militarisierte EU-Entwicklungshilfe

Die Bundesrepublik hat 2016 eine „Ertüchtigungsinitiative“ ausgerufen. Sie sei, heißt es in einem „Arbeitspapier“ einer Bundesakademie, anders als geunkt werde, kein Versuch, „Rüstungsexporte in Krisengebiete zu rechtfertigen“, sondern „ein vielschichtiges Instrument vorbeugender Sicherheitspolitik“.[1] Dahinter stehe die Idee, „regionale Akteure in die Lage zu versetzen, selbst für Sicherheit und Stabilität in ihrer Nachbarschaft zu sorgen“. Sie sei „Hilfe zur Selbsthilfe“: „Staaten oder Organisationen, die als Stabilitätsanker in fragilen Regionen dienen können, sollen dahingehend ausgebildet und befähigt werden. Neben Schulung und Ausbildung zivilen und militärischen Personals schließt das deutsche Konzept auch die Bereitstellung von Ausrüstung mit ein.“ Schwerpunktländer sind gegenwärtig der Irak, Jordanien, Tunesien, Mali und Nigeria. „Aufrüstung als Armutsbekämpfung“ weiterlesen