Berg-Karabach und der „erste echte Drohnenkrieg“

Autor: Christoph Marischka

Europas Anteil und deutsche Konsequenz

Seit Jahren diskutiert die deutsche Politik über die Anschaffung bewaffneter bzw. die Bewaffnung bestehender Drohnen. Als Argument für die Einführung bewaffneter Drohnen – die längst abseits der Kontroversen im Bundestag vorbereitet wird – wird immer wieder deren vermeintlich höhere Präzision und v.a. der „Schutz deutscher Soldat*innen“ ins Feld geführt. Kritiker*innen argumentieren hingegen, dass die Bewaffnung unbemannter Luftfahrzeuge der Einstieg in eine neue Form der Kriegführung sei, in der die menschliche Kontrolle auch über den Einsatz von Waffen zunehmend an „Maschinen“ – genauer genommen: informationstechnische Systeme – abgegeben werde. „Berg-Karabach und der „erste echte Drohnenkrieg““ weiterlesen

Digitalisierung und KI bei der Bundeswehr – Einige Schlaglichter

Autor: Christoph Marischka

Der folgende Standpunkt basiert auf einer Rede im Rahmen einer Kundgebung gegen das Cyber Valley in Tübingen. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität. Vielmehr sind die Beispiele aufgrund ihrer Bezüge zum Cyber Valley und zu Tübingen ausgewählt. So sind am Cyber Valley u.a. Bosch und – mittelbar – auch SAP beteiligt, Atos hat sich durch die Übernahme eines Startups eine Niederlassung in Tübingen erschlossen. Auch die genannten Projekte im Rahmen der „Smart Solutions Challenge“ orintieren sich an den Forschungsschwerpunkten des Cyber Valleys – der Bilderkennung und dem maschinellen Lernen – sowie an den „4D-Ganzkörpercannern“, die im Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme bereits vorhanden und im unmittelbar benachbarten Amazon-Forschungszentrum für maschinelles Lernen vorgesehen sind.

Cyberagentur: Forschungsmanagement

Die Digitalisierung der Bundeswehr wird auf verschiedenen Ebenen vorangetrieben. Eine der aktuellsten Entwicklung hierzu ist sicherlich der Aufbau einer sog. „Cyberagentur“ im Raum Halle/Leipzig, die sich explizit an der Forschungsagentur des Pentagon, DARPA, orientieren soll. Gegründet wurde sie als bundeseigene GmbH offiziell bereits im Juni 2020, hat aber bis heute nur wenige Stellen besetzt. Künftig soll sie mit gut hundert Mitarbeiter*innen, einem Budget von 350 Mio. Euro bis 2023 und nach Möglichkeit mehreren Außenstellen an den wichtigsten Forschungsstandorten bundesweit sicherheitspolitisch relavante Themen „identifizieren“, entsprechende Forschung „stimulieren“, „koordinieren“ und „beauftragen“. „Wir managen also den Forschungsprozess“, so der Leiter der bundeseigenen GmbH, Christoph Igel.1 „Digitalisierung und KI bei der Bundeswehr – Einige Schlaglichter“ weiterlesen

Autonome Waffen und die Politik

Autor: Tobias Pflüger

Die Haltung von Bundesregierung und Bundestag zum Themenkomplex Autonome Waffen

Autonome Waffensysteme, die selbstständig agieren und Menschen töten, gelten zu Recht als Horrorvorstellung. Autonome Waffen sind „politisch inakzeptabel und moralisch abstoßend“, sagt UN-Generalsekretär António Guterres. Und auch die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt: „Autonome Waffensysteme, die der Verfügung des Menschen entzogen sind, lehnen wir ab. Wir wollen sie weltweit ächten.“ „Autonome Waffen und die Politik“ weiterlesen

Die Frontex-Files und das Cyber Valley

Autor: Christoph Marischka

Am 5. Februar gab Jan Böhmermann im ZDF Magazin Royale öffentlich den Startschuss zur Veröffentlichung der „Frontexfiles“, einer Sammlung von Dokumenten der EU-Agentur für den Grenzschutz, deren Herausgabe auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes erzwungen wurde.[1]

Dabei handelt es sich im Kern um Listen von Behörden- und Industrievertreter*innen, die in den vergangenen drei Jahren an Veranstaltungen von Frontex teilgenommen haben sowie um einige der dort vorgestellten Präsentationen. Als Hintergrund verwiesen sowohl das ZDF Magazin Royal als auch die NGO Corporate Europe Observatory auf das massiv anwachsende Budget der Behörde wie auch das Vorhaben, eigene Einheiten für den Grenzschutz mit insgesamt 10.000 Kräften aufzubauen und auszurüsten. Die Autor*innen und auch erste Kommentator*innen sprechen vor diesem Hintergrund von der Herausbildung eines „grenz-industriellen“ bzw. „militärisch-grenzpolizeilichen Komplexes“.[2] „Die Frontex-Files und das Cyber Valley“ weiterlesen

Die Cyber-Reserve der Bundeswehr

Autor: Jürgen Wagner

Die Auseinandersetzungen um die Kontrolle des Cyber- und Informationsraums nehmen an Bedeutung und Schärfe zu und spielen auch und gerade in den Planungen der Bundeswehr eine immer größere Rolle. Gleichzeitig ist es dieser Bereich, in dem die Bundeswehr mit die größten Nachwuchsschwierigkeiten plagen, die wenigstens in Teilen über eine „Cyber-Reserve“ behoben werden sollen.

Bundeswehr auf Cyberkurs

Ohne Begriffe wie „Digitalisierung“, „Künstliche Intelligenz“ oder auch den „Cyber- und Informationsraum“ geht seit einiger Zeit in der Bundeswehr überhaupt nichts mehr. Das Weißbuch der Bundeswehr stufte Cyberangriffe bereits 2016 als eine ernste Bedrohung ein: „Die Auswirkungen von Cyberangriffen können denen bewaffneter Auseinandersetzungen entsprechen und in die nichtvirtuelle Welt eskalieren.“ „Die Cyber-Reserve der Bundeswehr“ weiterlesen

Keine bewaffneten Drohnen – die Drohnendebatte war eine Scheindebatte

Autor: Tobias Pflüger

Annegret Kramp-Karrenbauer hat bei der Haushaltsdebatte im Bundestag keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die Entscheidung für bewaffnete Drohnen jetzt durchdrücken will. Die geplante Bewaffnung der Heron TP ist nur der Anfang. Wenn diese Drohne bewaffnet wird, dann wird die anvisierte Eurodrohne erst recht bewaffnet. Eine entsprechende Beschaffungsvorlage hat die Ministerin ja angekündigt. Die Bundesregierung bereitet den deutschen Einstieg in den Drohnenkrieg vor, als gäbe es in Corona-Zeiten nichts Dringenderes als neue Rüstungsprojekte. Die Bewaffnung von Drohnen ist kategorisch abzulehnen, weil das eine falsche Grundsatzentscheidung ist. Die Kriegsführung, der Einsatz von Sprengmitteln wird damit niederschwelliger, der Trend zur Automatisierung des Krieges ist wird damit gestartet. „Keine bewaffneten Drohnen – die Drohnendebatte war eine Scheindebatte“ weiterlesen

Ein diskreter Dammbruch der Rüstungsforschung

Autor: Christoph Marischka

Das Corona-Konjunkturpaket dient auch der Stimulation staatsnaher und militärischer Forschung

Anfang Juni 2020 hat die Bundesregierung mit ihrem „Konjunkturpaket“ nach Jahren restriktiver Ausgabenpolitik ein sog. „Konjunkturpaket“ im Umfang von 130 Mrd. Euro auf den Weg gebracht. „Mehrwertsteuersenkung und Familienbonus beschlossen“, titelte der Deutschlandfunk am 29. Juni 2020, nach der Zustimmung des Bundestages zur entsprechenden Änderung des Steuergesetzes. Zugleich wird im Konjunkturpaket allerdings mehrfach das Ziel proklamiert, dass „Deutschland gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgeh[en]“ solle.1 Dies ist v.a. auch Aufgabe und Inhalt des 50 Mrd. Euro schweren „Zukunftspakets“, das Teil des Konjunkturpaketes ist und mit dem die Bundesregierung erklärtermaßen versucht, die Wettbewerbsposition der heimischen Industrie auszubauen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf sog. Schlüsseltechnologien, von denen sich Deutschland auch militärische Vorteile erhofft. Wesentliche Teile des Zukunftspaketes werden mit der nun anstehenden Verabschiedung des Nachtragshaushaltes umgesetzt, über die bislang recht wenig öffentlich berichtet und diskutiert wird. „Ein diskreter Dammbruch der Rüstungsforschung“ weiterlesen

Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste

Autor: Christoph Marischka

Ein militärisch-forschungsindustrieller Komplex?

Führende Thinktanks, Politiker*innen und Militärs betonen in den letzten Jahren verstärkt die Relevanz Künstlicher Intelligenz für militärische Anwendungen und damit auch die geopolitische Rolle des jeweiligen Landes oder Blocks auf der Weltbühne. So soll der russische Präsident Putin in einer Videoansprache am 1. September 2017 die Behauptung aufgestellt haben, dass derjenige, der bei der KI-Entwicklung führen werde, die Welt beherrschen werde.[1] Die damalige Staatssekretärin für Rüstung im deutschen Verteidigungsministerium, Katrin Suder, äußerte sich in einer Sonderausgabe der Zeitschrift „Internationale Politik“ im Sommer 2018 ganz ähnlich: „wer es schafft, die beste KI zu entwickeln, hat […] einen Verteidigungs- oder gar Angriffsvorteil“.[2] Sekundiert und bisweilen gar übertönt wird die sicherheitspolitische Community hinsichtlich der militärischen bzw. geopolitischen Relevanz Künstlicher Intelligenz oft von Risikokapitalgeber*innen, Beratungsunternehmen und auch Wissenschaftler*innen.[3] „Cyber Valley, MPI und US-Geheimdienste“ weiterlesen

Cyber Valley: Forschungsgruppe von US-Geheimdiensten finanziert

Autor: Christoph Marischka

Unter dem Titel „Künstliche Intelligenz und Yoga im Freien“ berichtete das Schwäbische Tagblatt am 17. Januar über das aktuelle Semesterprogramm der VHS Gomaringen – einer Gemeinde mit etwa 9.000 Einwohnerinnen südlich von Tübingen. Besonders hingewiesen wurde u.a. auf den Vortrag am 10. März von „Fabian Sinz, Leiter der Forschungsgruppe ‚Neuronal Intelligence‘ beim Cyber Valley Tübingen, zum Thema ‚Warum wir immer noch schlauer als Maschinen sind’“. Beim Besuch der Homepage dieser Arbeitsgruppe springt einem zunächst eine Art Anzeige von Amazon Web Services ins Auge, die für den AWS Machine Learning Award – einem von Amazon ausgelobten Wissenschaftspreis im Bereich des Maschinellen Lernens – wirbt. Als Thema wird der Aufbau „sehr datenintensiver prädiktiver Modelle des visuellen Kortex‘ von Mäusen“ benannt. Aber das ist nur eine Nebengeschichte. Spektakulär ist, dass diese Forschungsgruppe bereits seit 2018 unmittelbar von der US-Agentur für Geheimdienstforschung finanziert wird. „Cyber Valley: Forschungsgruppe von US-Geheimdiensten finanziert“ weiterlesen

Diese Industriepolitik ist Rüstungspolitik

Mit Thierry Breton zum KI-Airbus?

Autor: Christoph Marischka

Zum 1. Dezember 2019 soll die neue EU-Kommission unter der ehemaligen deutschen Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Arbeit aufnehmen. Erstmals wird dem Kommissariat für Industrie auch eine Generaldirektion für Verteidigung und Weltraum unterstehen. Frankreich hat für dieses Amt Thierry Breton vorgeschlagen, der bereits zuvor wichtige industrielle Weichenstellungen für die Digitalisierung der Streitkräfte begleitet hat. Könnten damit Thales und Atos zukünftig in einem europäischen Großkonzern für Künstliche Intelligenz nach dem Vorbild von Airbus aufgehen und wer wären die deutschen Partner hierbei? „Diese Industriepolitik ist Rüstungspolitik“ weiterlesen