Diese Zahlen belegen die stille Revolution in Chile

Umfrage zeigt massiven Niedergang der politisch-institutionellen Ordnung. Präsident Piñera nur noch bei sechs Prozent Zustimmung

Die Unterstützung für die Regierung des chilenischen Präsidenten Sebastián Piñera ist nach monatelangen Protesten auf ein Minimum von sechs Prozent gesunken. Ein schlechteres Ergebnis hat in der Geschichte der chilenischen Republik noch kein Präsident erreicht. Das geht aus einer unlängst veröffentlichten Umfrage der chilenischen Denkfabrik Centro de Estudios Políticos (CEP) hervor. Im Vergleich mit den Werten vom Mai vergangenen Jahres bedeutet das für Piñera einen Einbruch um 43 Prozentpunkte. Die Ablehnung der amtierenden rechtskonservativen Regierung ist auf 82 Prozent hochgeschnellt. „Diese Zahlen belegen die stille Revolution in Chile“ weiterlesen

Haiti ohne Regierung und Unterhaus und mit Not-Senat

Präsident Jovenel Moïse löst Abgeordnetenhaus auf und lässt Senat absperren. Nur zehn der 30 Senatoren dürfen in Plenarsaal

In Haiti hat sich die innenpolitische Krise mit der Auflösung des Parlaments durch Präsident Jovenel Moïse in der vergangenen Woche zugespitzt. Nachdem das Land seit zehn Monaten ohne Regierung ist, endete die Legislaturperiode vor einer Woche, ohne dass Neuwahlen für Abgeordnetenkammer und Senat in Sicht sind. Moïse erklärte das Parlament nach Ende der 50. Legislaturperiode daher per Twitter kurzerhand für aufgelöst. Es bestehe ein „institutionelles Vakuum“, schrieb der Präsident weiter. Im Senat übernahm ein Notpräsidium die Geschäfte. „Haiti ohne Regierung und Unterhaus und mit Not-Senat“ weiterlesen

Warum erheben sich die Amerikaner nicht, wie wir es auf dem ganzen Planeten sehen?

Autoren: Medea Benjamin und Nicolas J. S. Davies

Die Wellen von Protesten, die in einem Land nach dem anderen auf der ganzen Welt ausbrechen, stellen die Frage: warum erheben sich die Amerikaner nicht in friedlichen Protesten wie unsere Nachbarn? Wir leben im Herzen dieses neoliberalen Systems, das die systemische Ungerechtigkeit und Ungleichheit des Laissez-faire-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts den Menschen des 21. Jahrhunderts mit Gewalt aufzwingt. So sind wir vielen der gleichen Missbräuche ausgesetzt, die Massenprotestbewegungen in anderen Ländern angeheizt haben, darunter hohe Mieten, stagnierende Löhne, Schulden von der Wiege bis zur Bahre, ständig steigende wirtschaftliche Ungleichheit, privatisierte Gesundheitsversorgung, ein zerfetztes soziales Sicherheitsnetz, katastrophale öffentliche Verkehrsmittel, systemische politische Korruption und endloser Krieg. „Warum erheben sich die Amerikaner nicht, wie wir es auf dem ganzen Planeten sehen?“ weiterlesen

Deutschlands Rolle bei der Niederschlagung der Proteste in Chile

Autorin: Jacqueline Andres

In den letzten Tagen versuchen die staatlichen Sicherheitskräfte in Chile die Proteste in den Griff zu bekommen – die Wut, die in der Bevölkerung herrscht, lässt sich jedoch nicht so schnell bremsen, da sich die Menschen in Chile für ihre fundamentalen Rechte und ein Ende des Neoliberalismus einsetzen. Bilder von Panzern in den Straßen Chiles gingen um die Welt und mehr als insgesamt 10.000 Soldat_innen wurden in der Hauptstadt Santiago de Chile, in Valparaíso und Concepción eingesetzt.[1] Mittlerweile wurden mehr als 2.410 Menschen festgenommen – 200 von ihnen sind minderjährig. Mehr als 1.000 Menschen wurden verletzt – 546 von diesen durch Schusswaffen. Es wird von 19 Personen berichtet, die bei den Protesten gestorben sind – fünf von ihnen wurden durch Polizei oder Militär umgebracht.[2]Die chilenische Menschenrechtsorganisation Instituto Nacional de Derechos Humanos (INDH) untersucht aktuell neben diesen fünf Mordfällen mindestens acht Fälle von sexueller Gewalt gegen Demonstrierende, die von Polizei- und Militärkräften ausging.[3] „Deutschlands Rolle bei der Niederschlagung der Proteste in Chile“ weiterlesen

Straßen in Ecuador werden gereinigt, Parteien und Presse politisch gesäubert

Autoren: Harald Neuber und Eva Haule

Festnahmen und Exilierung von Opposition in Ecuador gehen weiter. Repression sorgt für zunehmenden Widerspruch

Mexiko hat im Zuge der politischen Krise in Ecuador inzwischen ein gutes halbes Dutzend Oppositionsvertreter in seiner Botschaft in Quito aufgenommen, um sie vor politischer Verfolgung zu schützen. Asyl gewährt worden sei: „Straßen in Ecuador werden gereinigt, Parteien und Presse politisch gesäubert“ weiterlesen

Nach Deal mit Indigenen: Verhaftungswelle gegen Oppositionelle in Ecuador

Autoren: Kerstin Sack und Harald Neuber

Regierungskritiker und Journalisten inhaftiert, zahlreiche Hausdurchsuchungen. Was bringt das Abkommen mit Präsident Moreno?

In Ecuador ist es nach einer vorläufigen Einigung zwischen der Regierung von Präsident Lenín Moreno und dem einflussreichen Indigenen-Dachverband Conaie zu einer Verhaftungswelle gegen Oppositionspolitiker und regierungskritische Journalisten gekommen. Beobachter sehen in dieser jüngsten Entwicklung einen Strategiewechsel von Regierung und Sicherheitsorganen: Nach einer allgemeinen Repression gegen die Massenproteste gehen Regierung und Behörden nun offenbar gezielt gegen Kritiker vor. „Nach Deal mit Indigenen: Verhaftungswelle gegen Oppositionelle in Ecuador“ weiterlesen

Ausgangssperre und Militär in Hauptstadt von Ecuador

In Ecuador hat Präsident Lenín Moreno am Sonntag eine umfassende Ausgangssperre und die Militarisierung der Hauptstadt Quito und ihrer Umgebung angeordnet. Die Order erging inmitten heftiger Proteste gegen eine Reihe neoliberaler Maßnahmen in dem südamerikanischen Land.

Die Ausgangssperre begann am Sonntag um 15:00 Uhr (Ortszeit) und wurde nur 38 Minuten im Voraus angekündigt. Tausende Menschen blieben dennoch auf den Straßen und hielten die Proteste aufrecht. „Ausgangssperre und Militär in Hauptstadt von Ecuador“ weiterlesen

Ecuador zwischen Protest und Ausnahmezustand: Jetzt spricht die Opposition!

Schwere Vorwürfe gegen Regierung und bewaffnete staatliche Kräfte. Unabhängige Medien unter Druck. Ruf nach Neuwahlen

Vertreter der Opposition und Menschenrechtsorganisationen in Ecuador haben das Vorgehen der Regierung von Präsident Lenín Moreno gegen die andauernden sozialen Proteste scharf kritisiert. Nach Ansicht des Abgeordneten Estaban Melo, der für die linksgerichtete Oppositionspartei Bürgerrevolution (Revolución Ciudadana) im Parlament sitzt, hat das Ausmaß an Unterdrückung und Verfolgung ein „historisches Niveau“ erreicht. Die heftige Reaktion des Staates diene alleine der Durchsetzung der Maßnahmen des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Melo bezog sich auf Zugeständnisse der Regierung an den IWF. Nach der Streichung von staatlichen Subventionen auf Treibstoff und weiteren Kürzungsmaßnahmen kommt es seit Monatsbeginn zu landesweiten Protesten, in deren Verlauf mehrere Menschen starben und Hunderte Personen festgenommen wurden. Angeheizt werden die Proteste durch eine allgemeine wirtschaftliche Krise des Landes.Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Ecuadors ist im zweiten Quartal dieses Jahres nur um 0,3 Prozent gestiegen. Zugleich besteht die Regierung Moreno auf ein Sparprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar. Dieses Strukturanpassungsprogramm, das in Ecuador als „el paquetazo“ (etwa: das Mega-Paket) bekannt wurde, ist Teil einer Vereinbarung mit dem IWF, der im Gegenzug Kredite in Höhe von gut 4,2 Milliarden US-Dollar gewährt hat. Anfang dieses Monats nun stiegen die Benzinpreise daraufhin von umgerechnet 1,68 Euro pro Gallone (rund 3,8 Liter) auf 2,10 Euro, während der Dieselpreis von 98 Eurocent auf 2,06 Euro stieg, was einem Anstieg von gut 110 Prozent entspricht.

„Dabei wirken sich die erhöhten Kraftstoffpreise auf fast alle Produkte aus und führen zu einer allgemeinen Teuerung und zu Entlassungen“, sagte Melo gegenüber amerika21. Die Regierung spreche zwar von einem Dialog mit den Sozialorganisationen und Gewerkschaften, dies habe aber nichts mit der realen Politik zu tun. Tatsächlich hätten die Behörden in den vergangenen Tagen mit Zensur und Angriffen auf Medien reagiert, „um die Stimmen der politischen und sozialen Führungspersönlichkeiten zum Verstummen zu bringen“, so Melo weiter. Im Ausnahmezustand seien Verhaftungen und Ausgangssperren an der Tagesordnung, verfassungsmäßige Rechte wie das Demonstrationsrecht, die Versammlungsfreiheit, die Unverletzlichkeit des Hauses und die Bewegungsfreiheit seien massiv eingeschränkt.

„Das Land ist wie gelähmt“, sagte der ehemalige ecuadorianische Botschafter in Deutschland, Jorge Jurado. Die Wirtschaftsmaßnahmen der Regierung hätten die Mehrheit der ecuadorianischen Bevölkerung in den letzten zwei Jahren verarmen lassen. Der nun stattfindende Sozialprotest sei massiv und habe das ganze Land erfasst. „Fast 85 Prozent der Straßen im Land sind gesperrt“, so Jurado, der auch auf die zunehmende Repression verweist. Die Zusammenstöße zwischen den Protestteilnehmern auf der einen Seite und Polizei sowie Armee auf der anderen Seite hätten alleine in der Hauptstadt Quito mehr als 400 Verwundete zur Folge gehabt. Für die übrigen Landesteile gebe es keine genauen Informationen.

Jurado beklagte zugleich eine „totale Zensur in den öffentlich-rechtlichen Medien“. Der Radiosender der Provinzregierung von Pichincha habe als einziges öffentlich-rechtliches Medium eine kritische Linie bewahrt und Bürgersendungen angeboten. Nun sei auch dieser Sender „zu einem Teil des staatlichen Propagandaapparates“ gemacht worden. Die Polizei habe zwei Universitäten angegriffen, in denen sich Menschen zu Friedensgebeten versammelt hatten, schilderte Jurado, der hinzufügte: „Zurzeit gibt es mehrere Dutzend vermisste Personen, darunter auch Kinder. Mehr als 800 Personen wurden verhaftet, darunter Journalisten und Politiker.“

„Angesichts dieser schweren Krise, um weiteres Blutvergießen durch unsere indigenen und mestizischen Brüder und Schwestern zu vermeiden und den Konflikt in Ecuador zu überwinden, muss Präsident Moreno seine Wirtschaftsmaßnahmen zurücknehmen und von seinem Amt zurücktreten“, sagte die oppositionelle Abgeordnete Esther Cuesta gegenüber amerika21. Dies sei auch angesichts der Tatsache nötig, da Präsident Moreno auf nationaler Ebene inzwischen kaum mehr 15 Prozent Zustimmung genieße. „Die Mitglieder der Fraktion der Bürgerrevolution sind der Ansicht, dass die Nationalversammlung gemäß Artikel 130 Ziffer 2 der ecuadorianischen Verfassung den Weg zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen ebnen muss“, sagte Cuesta. Dies wäre eine Grundlage, um das Land wieder aufzubauen.

Nur eine neue Regierung und eine neue Nationalversammlung könnten einen echten Dialog und eine Übereinkunft mit der indigenen Gemeinschaft, Studenten, Arbeitern und Bauern herstellen, fügte Cuesta an, „also mit der großen Mehrheit des ecuadorianischen Volkes“.

Veröffentlicht am 12.10.2019 auf Portal amerka21.de

Die Dritte Intifada

IST DIES die Dritte Intifada? Diese Frage wurde in dieser Woche von einer Anzahl israelischer Sicherheitsexperten gestellt. Und nicht nur von ihnen – ihre palästinensischen Kollegen waren fast genauso perplex.

Überall in der Westbank warfen palästinensische Jugendliche Steine auf israelische Soldaten. Alle 3500 Palästinenser in israelischen Gefängnissen nahmen teil an einem dreitägigen Hungerstreik. „Die Dritte Intifada“ weiterlesen

Dichters Gesetz

„DAS VOLK verlangt soziale Gerechtigkeit!“ riefen 250 000 Demonstranten am Samstag unisono in Tel Aviv. Aber was sie brauchen, ist „mehr arbeitslose Politiker“ – um einen amerikanischen Künstler zu zitieren.

Glücklicherweise ist die Knesset für drei Monate in verlängerte Ferien gegangen. Denn wie Mark Twain witzelte: „Niemandes Leben und Besitz ist sicher, solange die Legislatur tagt.“ „Dichters Gesetz“ weiterlesen