Otto Gebauer hatte sich als „Botschafter der Bolivarischen Republik Venezuela“ präsentiert. Seiten nach Intervention des Auswärtigen Amtes offline
Die Bundesregierung hat den lokalen Vertreter des selbsternannten Interimspräsidenten von Venezuela, Juan Guaidó, offenbar dazu gedrängt, seine Onlinepräsenz in sozialen Netzwerken zu löschen. Zuvor hatte sich der von Guaidó ernannte Ex-Militär Otto Gebauer auf Facebook, Twitter und Instagram als „Botschafter der Bolivarischen Republik Venezuela“ präsentiert und war auf Konfrontationskurs mit Bundesbehörden gegangen. Erst nach Intervention des Auswärtigen Amtes nahm er die entsprechenden Konten offline. Die Bundesregierung hatte Gebauer zuvor eine Akkreditierung verweigert und hält trotz der Anerkennung Guaidós als „Interimspräsident“ den Kontakt zur venezolanischen Botschaft aufrecht.
Dennoch musste die Bundesregierung nun aber einschreiten. Der ehemalige Militär und Putschist Gebauer hatte im Netz Landsleuten konsularische Dienste angeboten und Kontakte zu „Bundesbehörden, politischen Organisationen, Gewerkschaften und Unternehmern“ betont. In einem seiner letzten Postings beschuldigte er die Bundespolizei am Flughafen in Frankfurt am Main „jugendliche Venezolaner festzuhalten“. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es dazu am Donnerstag auf Anfrage, die Bundesregierung habe „das öffentliche Auftreten von Herrn Gebauer mit ihm thematisiert“. Eine Unterredung hatte offenbar bereits in der vergangenen Woche stattgefunden. Wenig später gingen die entsprechenden Seiten offline. Auf Nachfragen reagierte Gebauer nicht.
Gebauer war von Guaidó nach dessen Selbsternennung zum „Botschafter“ in Deutschland bestimmt worden. Die Bundesregierung brachte schon das in die Bredouille. Sie erklärte Ende März auf parlamentarische Nachfrage, man werde Gebauer nicht offiziell akkreditieren. Gemäß der Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage der Linkspartei hat die Bundesregierung den Emissär Mitte März zwar erstmals „als persönlichen Vertreter von Interimspräsident Guaidó“ empfangen. „Weitere Schritte sind nicht geplant“, heißt es in dem Antwortschreiben jedoch. Gebauer selbst hielt sich nicht an diese Vereinbarung. Unter goldenem Staatswappen präsentierte er sich als „Botschafter und Chef des diplomatischen Dienstes der Bolivarischen Republik Venezuela in der Bundesrepublik Deutschland“. Die Aktion war offenbar mit Guaidó abgestimmt: Ähnliche gelayoutete Seiten mit zudem immer gleichen URL-Aufbau stellten seine Vertreter in Großbritannien, Malta, Österreich, Marokko, Polen und Portugal online. Sie sind nach wie vor erreichbar.
Das alles wäre nicht weiter aufgefallen, hätte sich Gebauer nicht – offenbar aus Gründen der Profilierung – mit Bundesbehörden angelegt. Auf Twitter schrieb er, die Polizei in Frankfurt halte seit Tagen mehrere junge Venezolaner fest. Dort konnte man zwar bestätigen, dass sich eine venezolanische Staatsangehörige seit dem 4. Juni im Transitbereich des Flughafens aufhielt, nachdem die Bundespolizei ihr die Einreise verweigert hatte. „Gegen die verfügte Zurückweisung hatte sie über ihre anwaltliche Vertretung Rechtsmittel eingelegt“, erklärte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Nach richterlicher Bestätigung der verfügten Einreiseverweigerung sei die Frau schließlich am 13. Juni nach Bogota zurückgewiesen worden. Der mehrtägige Aufenthalt selbst war demnach freiwillig und sie hätte jederzeit abreisen können. Seither befänden sich „keine venezolanischen Staatsangehörigen im Gewahrsam der Bundespolizei am Flughafen Frankfurt“, so der Polizeisprecher.
Der Fall dürfte auf das Verhältnis zwischen der Bundesregierung und dem Vertreter von Guaidó nachhaltige Auswirkungen haben. Auf Nachfrage teilte das Auswärtige Amt fast wortgleich zu bisherigen entsprechenden Anfragen mit, man habe Gebauer „am 13. März 2019 erstmals als persönlichen Vertreter des venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó empfangen und wird auch weiterhin mit ihm in Kontakt stehen“. Es folgte allerdings ein nicht unerheblicher Zusatz: „Für die bestehenden diplomatischen Vertretungen Venezuelas in Deutschland ergeben sich daraus keine Konsequenzen.“ Damit folgt die Bundesregierung nach wochenlangem Zögern der Mehrheitsmeinung innerhalb der Europäischen Union, nach der in der Frage der diplomatischen Vertretung eine pragmatische Lösung gefunden werden muss.
Der Botschafter Venezuelas in Deutschland, Orlando Maniglia, sieht in der Position der Bundesregierung einen Ausdruck der realpolitischen Verhältnisse. Er begrüße die Intervention des Auswärtigen Amtes gegenüber dem kurzzeitigen Gegenbotschafter, sagte er im Interview: „Ich persönlich habe nichts mit Herrn Gebauer zu besprechen, der, und das wäre normal, von mir aus als Vertreter des Parlaments auftreten kann. Aber den akkreditierten Botschafter von Venezuela in Deutschland gibt es nur einmal.“
Erstveröffentlichung am 22. Juni 2019 auf Portal amerika21.de