Das Nessoshemd

IN EIN PAAR Wochen feiert Israel den 50. Jahrestag des Sechstagekrieges. Millionen Worte – die meisten davon Schall und Rauch – werden sich über das Land ergießen. Wie üblich.

Aber das Ereignis verdient etwas Besseres. Es ist ein einzigartiges Drama in der Menschheitsgeschichte. Nur ein biblischer Verfasser könnte ihm Genüge tun. William Shakespeare hätte sich ihm zuwenden können.

Ich denke, die meisten Leser haben damals entweder noch nicht gelebt oder sie waren noch nicht alt genug, um zu verstehen, was damals geschehen ist.

Ich will also versuchen, das Drama so darzustellen, wie ich es habe sich entwickeln sehen. „Das Nessoshemd“ weiterlesen

Die Araber taten es

ALS MEINE Eltern in Deutschland kurz bevor der 1. Weltkrieg ausbrach, heirateten, war unter den Geschenken ein Dokument, das bescheinigt, dass auf ihren Namen ein Baum in Palästina angepflanzt worden wäre.

Mein Vater war ein früher Zionist. Ein volkstümlicher jüdischer Witz in Deutschland sagte damals: „Ein Zionist ist ein Jude, der Geld von einem anderen Juden zu nehmen wünscht, um einen dritten Juden in Palästina anzusiedeln.“Mein Vater plante zu dieser Zeit gewiss nicht, selbst nach Palästina zu gehen.

Palästina war in jener Zeit ein Land ohne dekorative Bäume. „Die Araber taten es“ weiterlesen

Suez: Das Ende der europäischen Weltreiche

Vor 60 Jahren war ich nach der Schule zuhause und saß in unserem Wohnzimmer im Westen des Central Parks in New York, las eine Geschichte Roms und hörte Dvoraks großartiges Cellokonzert, als der Sprecher der Radiostation WQXR unterbrach und bekannt gab, dass „israelische Truppen tief in die ägyptische Halbinsel Sinai vorstoßen.“

So begann der arabisch-israelische Suezkrieg 1956, ein Konflikt, der jetzt so gut wie vergessen ist, obwohl er für alle Beteiligten einen größeren historischen Wendepunkt bildete.

Algerien hatte sich gegen Frankreichs Kolonialherrschaft erhoben. Ein erbitterter Guerillakrieg tobte. Die sozialistische Regierung in Paris war zu arrogant, um einzugestehen, dass jemand gegen die Herrlichkeit französischer Herrschaft revoltieren könnte. Stattdessen gab Paris Machenschaften des nationalistischen starken Mannes Gamal Abdel Nasser in Ägypten die Schuld. Tatsächlich war die Rolle Ägyptens unwesentlich. „Suez: Das Ende der europäischen Weltreiche“ weiterlesen

Die Kissinger-Story

ICH SCHREIBE dieses (Gott möge mir verzeihen) am Jom Kippur.

Genau vor 43 Jahren, in eben diesem Augenblick, gingen die Sirenen.

Wir saßen im Wohnzimmer, von dem aus man auf eine von Tel Avivs Hauptstraßen hinuntersieht. Die Stadt war vollkommen still. Keine Autos. Überhaupt kein Verkehr. Ein paar Kinder fuhren auf ihren Fahrrädern umher. Das war am Jom Kippur, dem heiligsten Tag im Judentum, erlaubt. Damals wie heute.

Meine Frau Rachel und unser Gast Professor Hans Kreitler waren ins Gespräch vertieft. Der Professor war ein bekannter Psychologe und wohnte in der Nähe, deshalb konnte er zu Fuß kommen.

Und dann wurde die Stille von einer Sirene zerrissen. Einen Augenblick lang dachten wir, es wäre ein Irrtum, aber dann stimmten eine weitere und noch eine weitere Sirene ein. Wir traten ans Fenster und sahen einen Aufruhr. Die Straße, die noch ein paar Minuten zuvor vollkommen leer gewesen war, begann sich mit Militär- und zivilen Fahrzeugen zu füllen.

Und dann ging das Radio an, das wegen Jom Kippur geschwiegen hatte: Krieg war ausgebrochen. „Die Kissinger-Story“ weiterlesen

Ägypten: militärische Luftoperation „The Martyr’s Right“ im Norden des Sinai

Am 14. Oktober 2015 veröffentlichte „The Cairo Post“ einen Artikel über die Lieferungen von Kampfflugzeugen aus verschiedenen Ländern und ihre Stationierung auf Luftwaffenstützpunkten im Norden Ägyptens, ausstaffiert mit einem Promotion-Video. Luftwaffenkommandeur Younis al-Masry hielt eine Rede anlässlich des 42. Jahrestages der ägyptischen Luftwaffe, auf der er die Truppen über die Modernisierung durch Kampfjäger aus russischer, französischer und U.S.-amerikanischer Fabrikation informierte.

Am Ende des Berichts wurde in einigen wenigen Zeilen auf den ägyptischen Luft- und See-Angriff auf „Militante“ im Norden des Sinai im September 2015 als erste Kampagne hingewiesen. Eine zweite Kampagne, beide mit dem Namen „The Martyr’s Right“, sei von dem Zentralkommando der Luftwaffe in Vorbereitung. Das war vor zwei Wochen. Der Zeitpunkt wird nie bekannt gegeben, denn dann wäre es kein Überraschungsangriff. „Ägypten: militärische Luftoperation „The Martyr’s Right“ im Norden des Sinai“ weiterlesen

Nasser und ich

VOR 45 JAHREN starb Gamal Abd-al-Nasser im frühen Alter von 52 Jahren. Es ist kein Ereignis der Vergangenheit. Es hat einen riesigen Einfluss auf die Gegenwart und wird diesen wahrscheinlich weiter auch auf die Zukunft haben.

Mein Zusammentreffen mit ihm geht ins Jahr 1945 zurück. Ich pflegte zu scherzen, dass „wir einander sehr nah waren, aber wir haben uns nicht rechtzeitig vorgestellt.“ „Nasser und ich“ weiterlesen

Der Felsen unserer Existenz

(Grundsatzreferat auf der Konferenz des Kinneret College über den „Felsen unserer Existenz: die Verbindung zwischen Archäologie und Ideologie“)

ZUERST EINMAL will ich Ihnen dafür danken, dass Sie mich eingeladen haben, bei dieser bedeutenden Konferenz eine Rede zu halten. Ich bin weder Professor noch Doktor. Tatsächlich ist der höchste akademische Grad, den ich jemals erreicht habe, der der SGK (Siebte Grundschulklasse).

Wie viele andere Angehörige meiner Generation habe ich mich von Jugend auf sehr stark für Archäologie interessiert. „Der Felsen unserer Existenz“ weiterlesen

Ohne Augen in Gaza

DAS PROBLEM mit dem Krieg ist, dass er zwei Seiten hat.

Alles würde so viel leichter sein, wenn der Krieg nur eine Seite hätte. Natürlich die unsrige.

Da bist du und heckst einen wunderbaren Plan für den nächsten Krieg aus, bereitest ihn vor, trainierst für ihn, bis alles perfekt ist.

Und dann beginnt der Krieg, und zu deiner größten Überraschung scheint es auch eine andere Seite zu geben, die auch einen wunderbaren Plan hat, sich vorbereitet und trainiert hat. „Ohne Augen in Gaza“ weiterlesen

Israels 155mm-Heilmittel für „Terrorismus“

1956 waren Britannien und Frankreich überzeugt, dass Ägyptens charismatischer nationalistischer Führer Gamal Abdel Nasser bedrohte, was von ihren kolonialen Imperien im Mittleren Osten und in Afrika noch übrig war. London brandmarkte Nasser als „Hitler am Nil.“

Die britische und französische Regierung teilten Israel insgeheim dazu ein, Ägyptens Sinai zu besetzen und zu annektieren. Britische und französische Soldaten sollten die Kanalzone in einer angeblich „friedenserhaltenden Mission“ einnehmen, nach Kairo marschieren und dort eine Marinettenregierung installieren. Israel sollte die gesamte Sinai-Halbinsel behalten.

Die berüchtigte Suez-Invasion entwickelte sich zu einem schmachvollen Debakel für die stümperhaften Briten und Franzosen; Nasser wurde zum Helden für die gesamte Dritte Welt. Israel aber klammerte sich beharrlich an den Sinai und behauptete, es brauche die Halbinsel „aus Sicherheitsgründen.“ „Israels 155mm-Heilmittel für „Terrorismus““ weiterlesen

Das Engelgesicht

Wenn man ihr Gesicht im Fernsehen sieht,‭ ‬ist man von ihrer Schönheit sehr beeindruckt.‭ ‬Es ist das Gesicht eines Engels,‭ ‬rein und unschuldig.
Dann öffnet sie ihren Mund,‭ ‬und was aus ihm kommt ist widerlich und hässlich:‭ ‬die rassistische Botschaft der extremen Rechten.‭ ‬Es ist,‭ ‬als sähe man einen‭ ‬Cherub mit geöffneten Lippen,‭ ‬die‭ ‬die Zähne eines Vampirs enthüllen.

Ayelet Shaked mag die Schönheitskönigin der gegenwärtigen Knesset sein.‭ ‬Ihr Name ist verführerisch:‭ ‬Ayelet bedeutet Gazelle,‭ ‬Shaked‭ Mandel.‭ ‬Aber sie ist die Urheberin einiger der haarsträubendsten‭ ‬Initiativen dieser Knesset.‭ ‬Sie ist auch‭ ‬die Vorsitzende der‭ „‬Jüdisches Heim-Fraktion‭“ ‬von Naftali Bennett,‭ ‬der nationalistisch-religiösen Partei der Siedler,‭ ‬das radikal rechteste‭ ‬Partei der‭ ‬jetzigen‭ ‬Regierungskoalition. „Das Engelgesicht“ weiterlesen