Der EU-Vertrag: Illegal, nichtig, nicht einmal bekannt

Zuerst einmal sind zwei Feststellungen für die Beurteilung des heutigen Vorgangs im deutschen Parlament wichtig, einerseits hinsichtlich der nun erfolgenden Klagen vor dem Bundesverfassungsgerichtshof in Karlsruhe, wie auch für unsere deutschsprachigen Nachbarn in der Schweiz und Österreich.

1.Das deutsche Parlament hat den EU-Grundlagenvertrag beschlossen, ohne ihn je gelesen zu haben.
Der Grund ist einfach: der EU-Grundlagenvertrag ist nirgends zu lesen. Dafür haben die EU-Regierungschefs persönlich gesorgt. Der dänische EU-Abgeordnete Jens-Peter Bonde hat dies auf einer Veranstaltung in Irland im März dieses Jahres vor laufender Kamera erläutert.

Wörtlich sagte er:

„Der Vertragstext den die Staats- und Regierungschefs unterzeichnet haben wurde von selbigen überhaupt nicht gelesen. Warum wurde er nicht gelesen ? Weil er gar nicht lesbar ist !

Dies ist kein Vertrag, sondern 300 Verweise, die sich auf 3.000 Regelungen in verschiedenen anderen Verträgen beziehen.

Sie können nur jeden Verweis einzeln lesen, um zu verstehen, auf welche Vertragsregelung er sich bezieht. Dazu müssen Sie den Verweis in die dazugehörige Passage des betreffenden Vertrages einfügen, damit sich Ihnen der Zusammenhang und somit die Bedeutung überhaupt erschließt.

Die Mitglieder des Europäischen Rates haben erklärt, dass Sie den EU-Abgeordneten die Lesearbeit bereits abgenommen hätten. Der Europäische Rat hat die Anweisung erteilt, dass keine Institution in der Europäischen Union die Erlaubnis erhält, eine konsolidierte und lesbare Version des EU-Reformvertrags zu drucken oder zu publizieren, bevor nicht alle 27 Mitgliedsstaaten diesem Vertragswerk zugestimmt haben. Das ist eine Entscheidung !

Das Europaparlament hat im Ausschuss für Verfassungsangelegenheiten einstimmig gefordert, dass eine konsolidierte und leicht lesbare Fassung des Vertragswerkes herausgegeben wird, die von jeder BürgerIn verstanden werden kann.

Wir werden eine solche Fassung nicht bekommen, da höhere Ebenen beschlossen haben, dass wir sie nicht haben dürfen. Es ist die Entscheidung einiger Staats- und Regierungschefs, die nicht möchten, dass dieser Vertragstext gelesen werden kann – die Anordnung lautet „unterschreiben !“

Die höhere Ebene hat dann die Präsentationsform des Vertrages geändert. Sie haben das Wort „Verfassung“ von der Titelseite gestrichen, doch wenn Sie die Deklaration 27 des Vertrages lesen, werden Sie erneut das Wort „Verfassung“ vorfinden. Hierbei bezieht man sich dann auf diverse Urteile des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg, in dem es heißt, das die EU ein legitimiertes Verfassungssystem sei.“

Videomitschnitt:


Jens-Peter Bonde machte am 26.Februar übrigens öffentlich, dass 7 EU-Abgeordnete der CDU durch ihr geändertes Abstimmungsverhalten in letzter Minute die Aufdeckung schwerster, struktureller und permanenter Korruption in Brüssel aktiv verhinderten.Es kann sich jeder den heute vom Bundestag beschlossenen „Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007“ durchlesen, bzw. es versuchen.

Nur ein Beispiel von Hunderten: unter Punkt 292 heisst es „Artikel 310 wird Artikel 188m.“
Auf Seite 107 werden dann in einer Grafik neue Numerierungen vergeben und Verweise auf andere Gesetze und Artikel gelegt, die ebenfalls nirgendwo zu finden sind.
Unter „Bisherige Nummerierung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ heisst es: „Artikel 310 (umgestellt)“.
Im nächsten Teil der Grafik „Nummerierung im Vertrag von Lissabon“ heisst der Artikel dann „Artikel 188m“.
Ganz rechts wird dann unter „Neue Nummerierung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ der bisher unauffindbare Artikel 310 zu Artikel 217 des „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, der natürlich auch leider gerade mal nicht bei der Hand ist.

Nun, sucht man sich die also die „Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ in der Weltbibliothek Internet heraus, weiss man, was der deutsche Bundestag heute beschlossen hat, ohne es zu wissen: Unter „Titel V“, „Internationale Übereinkünfte“ liest man auf Seite 189 folgendes:

Artikel 217 (ex-Artikel 310 EGV)
Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen
Organisationen Abkommen schließen, die eine Assoziierung mit gegenseitigen Rechten und
Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren herstellen.

Das ist die Bevollmächtigung seitens unserer „Parlamentarier“ für die Schaffung der zukünftigen Mittelmeerunion, oder jedes anderen beliebigen Gebildes durch die Europäische Union. In den folgenden Artikel wird diese dann auch eingehend erläutert.

Im gesamten Entwurf eines Gesetzes“ der heute durch den Bundestag beschlossen wurde, finden sich 235 Hinweise und Querverweise auf den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“, ohne den der Gesetzentwurf gar nicht zu verstehen ist.
Genau deshalb, muss man konstatieren, taucht dieser „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ im Gesetzentwurf auch nicht auf. Damit man nicht weiss, was man beschliesst.

Und so geht es weiter, den ganzen Gesetzentwurf. Nur Verweise auf irgendetwas was nicht da ist, was man wieder suchen muss mit Ausnahmen, die wieder irgendwo anders erklärt werden sollen und mit einer Bedeutung die sich rechtswirksam nicht erklärt weil der gesamte Gesetzestext nicht einmal zu lesen ist – weil er nicht da ist.

Hier noch einmal der Link zum „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“.

Auf Seite 455 dieses Vertrages setzt es „Übereinstimmungstabellen“ mit Artikeln aus der „bisherigen Nummerierung des Vertrags über die Europäische Union“ einerseits und der neuen „Nummerierung des Vertrags über die Europäische Union“ andererseits.
Ganze Spalten sind entweder links oder rechts einfach leer geblieben.

NOVUM DER DEUTSCHEN RECHTSGESCHICHTE: ANTRAG AUF „ZUGÄNGLICHKEIT“ EINES GESETZENTWURFS

Heute hat die Fraktion „Die Linke“ Rechtsgeschichte geschrieben: in einem Antrag verlangte sie (16/7446), den „EU-Reformvertrag“ in allen europäischen Amtssprachen anzufertigen und den Bürgern in gedruckter sowie in elektronischer Form zugänglich zu machen. Auch der Antrag wurde abgelehnt.

Was die „Linke“ verschwieg: ehrlicherweise hätte sie den Antrag auf Lesbarkeit des „Entwurfes eines Gesetzes“ stellen müssen, den sie dankenswerterweise heute geschlossen ablehnte.

Dabei wurden heute, nebenbei, durch die Parteien „CDU, CSU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP“ drei Artikel des Grundgesetzes geändert, Artikel 23, 45 und 93.
Obwohl die Abgeordneten des deutschen Parlamentes wenigstens vorher gekannt und die beschlossenen Änderungen vollständig gelesen haben dürften, wurde diese Operation an der perpetuierten, rechtsgültigen Verfassung den Deutschen praktisch verschwiegen.

2. Die sogenannten „Grundrechte“ der Europäer können jederzeit durch einfachen Regierungsbeschluss gekündigt werden

In der „KONVENTION ZUM SCHUTZE DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN“ der Europäischen Union vom September 2003 heisst es nach viel hehrem und edlem Blabla:

Artikel 58 – Kündigung
1 Ein Hoher Vertragschließender Teil kann diese Konvention nicht vor
Ablauf von fünf Jahren nach dem Tage, an dem die Konvention für ihn
wirksam wird, und nur nach einer sechs Monate vorher an den
Generalsekretär des Europarates gerichteten Mitteilung kündigen.

Welche Regierung diese Konvention 2003 unterschrieb und sie schnell in Kraft setzte, kann bereits diesen Sommer sie wieder los sein.
Wohlgemerkt: dazu ist nur eine einfache Regierungserklärung nötig. Kein Parlamentsbeschluss, gar mit 2/3-Mehrheit, oder eine Entscheidung der Bevökkerung, nein. Man erklärt seitens irgendeiner Regierung, jetzt gilt die „KONVENTION ZUM SCHUTZE DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN“ der Europäischen Union im eigenen Staat einfach nicht mehr.
Übrigens: das ist kein Grund den EU-Grundlagenvertrag verlassen zu müssen, oder gar die EU. Man bleibt weiterhin mit allen Rechten Teil der Europäischen / Mittelmeer Union, der restliche Teil des Grundlagenvertrages bleibt ebenfalls unrührt und in Kraft.

Und in manchen Teilen geht es sogar noch schneller. Im „ZUSATZPROTOKOLL ZUR KONVENTION ZUM SCHUTZE
DER MENSCHENRECHTE UND GRUNDFREIHEITEN“ (unterer Teil, Seite 22) heisst es nach Artikel 1 („Schutz des Eigentums“), Artikel 2 („Recht auf Bildung“), Artikel 3 („Recht auf freie Wahlen“) nun im Artikel 4 („Räumlicher Geltungsbereich“)

„1 Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile kann im Zeitpunkt der
Unterzeichnung oder Ratifikation oder in der Folge zu jedem anderen
Zeitpunkt an den Generalsekretär des Europarates eine Erklärung
darüber richten, in welchem Umfang er sich zur Anwendung der
Bestimmungen dieses Protokolls auf die in dieser Erklärung
angegebenen Gebiete, für deren internationale Beziehungen er
verantwortlich ist, verpflichtet.
2 Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile, der eine Erklärung gemäß
dem vorstehenden Absatz abgegeben hat, kann von Zeit zu Zeit eine
weitere Erklärung abgeben, die den Inhalt einer früheren Erklärung
ändert oder die Anwendung der Bestimmungen dieses Protokolls auf
irgend einem Gebiet beendet.

In allen Zusatzprotokollen taucht dieser Hinweis „Räumlicher Geltungsbereich“ auf, der es z.B. Frankreich erlaubt diese Konventionen in seinen Kolonien ausser Kraft zu setzen. Von den Besatzungsgebieten in irgendeinem Krieg ganz zu schweigen.

Die Todesstrafe z.B. kann in drei Monaten durch irgendeine EU-Regierung wieder eingeführt werden, trotz Zusatzprotokoll und Schnick und Schnack.

Hier noch mal die Möglichkeit zur Aushebelung sämtlicher Grundrechte in der EU in englischer Sprache im „Protocol No. 12 to the Convention for the Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms“

Article 2 – Territorial application

3 Any declaration made under the two preceding paragraphs may, in respect of any territory specified in such declaration, be withdrawn or modified by a notification addressed to the Secretary General of the Council of Europe. The withdrawal or modification shall become effective on the first day of the month following the expiration of a period of three months after the date of receipt of such notification by the Secretary General

WARUM DIE ENTSCHEIDUNG DES BUNDESTAGES ILLEGAL UND NICHTIG IST

Das Bundesverfassungsgericht hat bezüglich der heiklen Frage ob das Grundgesetz überhaupt noch gültig ist, zwei Grundsatzentscheidungen zur EU getroffen, die sogenannten Beschlüsse „Solange I“ von 1974 und „Solange II“ von 1986.
Im „Solange I“-Beschluss legte es während der Willy Brandt-Ära fest, das eine „Gemeinschaftsverordnung“ der Europäischen Union unanwendbar sei weil sie gegen Grundrechte des Grundgesetzes verstoße, da die Wirkungsweise von EU-Verordnungen gleich wie von formellen Gesetzen sei.

D.h., der deutsche Verfassungsgerichtshof nahm sich für die Deutschen heraus, dass keine EU-Verordnung – erlassen durch Regierungen – ungeprüft als Exekutivermächtigung das Grundgesetz ausser Kraft setzen dürfe.

Die „Solange I“-Entscheidung dürfte mit dazu beigetragen haben, 1979 das EU-Witzparlament (was nichts zu sagen hat), wenigstens vorher durch die Menschen wählen zu lassen.
Nach der ersten Wahl EU-Parlamentes (welches formal bereits seit 1952 existiert hatte) konnte man in der deutschen Öffentlichkeit immer wieder darauf hinweisen, „Die Europäer“ hatten doch eine Legislative.
Dass es bis heute eine Legislative ohne die legislative Macht eine Exekutive zu wählen oder abzuwählen ist (also ein Placebo), war schon wieder der 2.Denkschritt, welchen man den Deutschen seitens der Elite sowieso nie zutraute.

Die Verfassungsgrundlage der Oberhoheit des Grundgesetzes änderte Karlsruhe dann in der Kohl-Ära Mitte der 80er durch „Solange II“.

Dieser gab der EU und ihren Gesetze (EU-Verordnungen) machenden Kommission aus Staatsregierungen nun einen Freibrief.
Denn Karlsruhe beschloss nun, dass sämtliche Beschlüsse der EU-Organe automatisch Recht würden und kein Einspruch gegen sie möglich sei.

D.h., das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte hinsichtlich der EU seinen eigenen Rücktritt, seine eigene Abdankung. Wenn die EU-Regierungen einmal etwas beschlossen hatten, war kein Einspruch mehr in Karlsruhe möglich, ob das mit dem Grundgesetz vereinbar war oder nicht.

Die Roten Roben machten damals am 22. Oktober 1986 nur eine, eine einzige Einschränkung.
Die entscheidende Passage lautet wie folgt:

Solange die Europäische Gemeinschaft, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt, wird das BVerfG seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte überprüfen; entsprechende Vorlagen nach Art. 100 I GG sind somit unzulässig.“

– BVerfGE 73, 339,387

Der Maastricht-Vertrag redete sich später um diese heikle Frage wer denn in Deutschland überhaupt die Dritte Gewalt der Justiz repräsentiert, folgendermassen herum. Es sprach von einem – bitte festhalten! – „Kooperationsverhältnis“ zwischen Bundesverfassungsgerichtshof (BVerfG) und Europäischem Gerichtshof (EuGH).

In seiner „Bananenmarkt-Entscheidung“ aus dem Juni 2000 konkretisierte Karlsruhe seinen Dornröschenschlaf. Es werde erst wieder irgendeine Beschwerde gegen EU-Ermächtigungsgesetze durch die Staatsregierungen annehmen, „wenn ihre Begründung..darlegt, dass die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des EuGH nach Ergehen der Solange-II-Entscheidung unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken“ ist.

Das ist heute geschehen.

(…)

weitere Artikel:
14.04.08
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11.04.08
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